the small lebowski

Mein großer Bruder hat mich mal ein halbes Leben her nach meiner Meinung zu einem Buch gefragt, worauf hin ich mich beschwert habe, dass mir der rote Faden einfach gefehlt hat. Mein Bruder meinte für mich überraschend einleuchtend, dass Kunst eben keinen roten Faden haben müsse.

Heute stand ich zum Zeittotschlagen in der Bahnhofsbuchhandlung und tatsächlich, selbst in Bielefeld war Malte Weldings Frauen und Männer passen nicht zusammen – auch nicht in der Mitte [Auszug] erhältlich. Ich nahm das Buch in die Hand und blätterte ein wenig. Und da fuchste es mich doch etwas, ich hatte ein paar der Texte ja schon gelesen, da ich seinen Blog abonniert hatte. Da ich heute Weihnachtsgeschenke zusammengesucht hatte, tauschte ich fix das auf der Liste vorgesehene Buch für meinen großen Bruder gedanklich gegen Weldings wüstes Werk aus, und stiefelte mit dem Schmöker zurück in den Schnee.

Das Lesen ließ sich in der Tat gut an, es sind so Lebowski-Geschichten nur in small nicht in big. Ich las auf dem ganzen Rückweg bis in die Wohnung. Aber irgendwann war klar, wie der Hase in dem Buch läuft und die ewige Küchenpsychologie langweilte mich.

So schreibt Welding auf Seite 224:

Nicht die Pornographie macht lustlos, weil wir lustlos und liebesunfähig sind, greifen wir zur Pornographie.

Man kann auch im Brustton der Überzeugung das Gegenteil behaupten und hat genausoviel gesagt. Es gibt eben keine großen Erkenntnisse, keinen wirklich guten, roten Faden, keine dauerhaften Sympathieträger. Eben Lebowski. Ich muss auch gestehen, dass ich den Film nur nebenbei geschaut habe und mir Hudsucker von den Cohen Brüdern wesentlich besser gefangen nahm. Nun haben derartige Lebowskis ihr künstlerisches Recht, ich bin sogar gespannt, wie mein Bruder auf das Buch reagiert. Nur zuende lesen werde ich es nicht.

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2 Kommentare

  1. Da muss ich – natürlich – widersprechen.
    „Nicht die Pornographie macht lustlos, weil wir lustlos und liebesunfähig sind, greifen wir zur Pornographie.“
    Wie wäre es überhaupt möglich, von diesem Satz nicht das Gegenteil behaupten zu können? Zu jedem, der sagt, der Himmel sei blau, findet sich jemand, der das Gegenteil für richtig hält („der Himmel ist doch ganz eindeutig orange“)
    Der springende Punkt ist doch ein ganz anderer: Der Satz taucht da ja nicht aus dem Nichts aus, sondern ist hergeleitet und ganz und gar nicht zufällig.
    Die Lebowsky-Referenz erschließt sich mir übrigens nicht.

  2. Mich hat beschäftigt, warum ich das Buch – im Gegensatz zu anderen aktuellen Büchern mit ähnlicher Ausrichtung – durchaus weiterempfehle, obwohl mich selbst das Buch – im Gegensatz zu anderen Lesern – nur mittelprächtig unterhält.

    Ich glaube einfach, das Buch hat eine Zielgruppe, auch und gerade in meinem Bekanntenbereich. Und da gibt es z.B. auch Lebowski-Schätzer, die, wie ich meine, ähnlich auf ein eher gestyltes Produkt reagieren. Nicht durch komplette Identifikation mit einer Hauptfigur, sondern durch Veranlassung über eine Hauptfigur gewisse Themen zu streifen.

    Was mich persönlich nicht mitnimmt, ist eben die Grundanalysehaltung des Buches. Ich meine, sie kommt im zitierten Satz zum Ausdruck, der durchaus eine hergeleitete Haltung beinhaltet. Die gegenteilig hergeleitete Annahme wäre dann: Wir sind lusthaft, greifen derart gereizt zu unkompliziert verfügbarer Pornografie und bemerken kaum, dass wir durch derartige Lustbefriedigung auch peu à peu abstumpfen, d.i. Pornographie macht lustlos.

    Meine Schwachstelle ist natürlich, dass ich gerade die eigentliche Herleitung nicht auf dem Schirm habe. Aber wie gesagt: Die Lektüre des Buches würde ich ja gerade empfehlen.

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