authentisch öffentlich beziehunggsgemäßes

Und wenn ich schon einmal dabei bin, hier zu sammeln, was ich anderswo intensiv kommentiere, hier mal meine Ansichten zum authentische PR-Blogartikel bei talkabout:

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Der Text ist gut lesbar, soviel will ich mal voran schicken. Für einen kleinen Schönheitsfehler empfinde ich, dass der Begriff “Authentizität” nicht geklärt wird, nur in Richtung “Ehrlichkeit” geschubst wird. Nun besteht hierin aber gerade die Cruix. Ein PRler hat wie auch immer die Aufgabe, einen Verkaufsvorgang zu unterstützen. Es wäre also von einem angesprochenen, potentiellen Käufer etwas naiv, nicht im Hinterkopf zu haben, dass da gerade jemand etwas verkaufen will, auch wenn diverse Informationen, die der Verkäufer hat, stichhaltig sind. So ist von Produkt zu Produkt, von Firma zu Firma, von Verkäufer zu Verkäufer immer neu zu erkennen, in wie weit eine Verkaufsstrategie Rücksicht auf “Authentizität” nehmen sollte.
Gewinnt der Angesprochene den deutlichen Eindruck, die vorgegebene Ehrlichkeit sei nur Teil einer Verkaufskampagne, und damit nur Heuchelei, kann der Schuss sehr simpel nach hinten gehen.

Grundsetzlich kann man aber sagen, dass man nie sicher sein kann, dass irgendein Käufer einen Verkäufer gänzlich für authentisch, und somit für einen ausgewiesenen, unparteiischen Sachberater hält. Dazu wäre sehr viel persönliches Vertrauen nötig oder viel Naivität.

[2]

Ja, also ich bin leider noch so viel Philosoph, dass ich grundsätzliche Ausgangspunkte gar nicht teile. (Auch der andere Text ist gut gegliedert und geschrieben, btw.)

Problematisch ist folgendes:
a) Begriffliche Unklarheiten
b) Die Vermischung von Ethik und Wirtschaft, d.h. die Vermischung von Wissenschaftlichkeit und Organisationseinheiten, die dem Maßstab von Wissenschaftlichkeit, der da ist, der Wahrheit verpflichtet zu sein, nicht notwendig unterliegen müssen.

a) ist bei Prof. Marten schon zu finden, der insofern Recht hat, als dass es sicherlich der Fall ist, dass das In-Kauf-nehmen von Täuschungen durch Wirtschaftsakteure zu deren Repertoir gehört. Der Begriff ‘Lizenz’ ist wenn nicht irreführend, dann falsch. Falsch insofern, als dass hier etwas eigentlich Verbotenes erlaubt sei. Irreführend, wenn damit gemeint ist, es sei eine akzeptierte Technik. Den Begriff ‘täuschen’ verwendet er so, als könne man ihn ausschöpfend behandeln. Es liegt aber an Fähigkeiten einzelner, wie und wie gut sie täuschen und wie und wie gut sie getäuscht werden können. Ich zweifel, dass man das allgemein darstellen kann. Meine gebliebene Kritik an der Verwendung des Wortes “Authentizität” haben hiermit und mit b) zu tun.

b) Ich kenne keine sinnvolle Herleitung der Ansicht, dass es einen speziellen Bereich der Ethik gibt, die sich eigens auf wirtschaftliche Dinge bezieht. Während Ethik das Handeln von menschlichen Akteuren sich selbst und anderen gegenüber regeln soll, sofern ihre Handlungen Gefahr laufen, in die Freiheiten anderer unrechtmäßig einzugreifen, werden in der Wirtschaft Handelsbeziehungen geregelt. Es geht dort um Handel, nicht um die individuell verantwortete Sittenbeachtung Einzelner. Insofern kann man von diesen wirtschaftlichen Handelsbeziehungen von einem Spiel sprechen, dass gespielt wird. Natürlich kann es in Situationen, die wegen wirtschaftlichen Interessen zustande kommen, zu etischen Problemen zwischen diesen Individuen kommen, aber das ist nicht Gegenstandsbereich von Wirtschaft. Denn diese hat dem moralischen Verhalten Einzelner nichts zu sagen, da dieser alleinverantwortlich ist und seine Verantwortung weder rechtlich noch seinem Gewissen gegenüber ablegen kann.

Einen Kodex für PRler bezüglich des fairen Umgangs miteinander auszuklügeln, ist sicherlich reizvoll, scheitert aber als Wahrheitsannahme meines Erachtens an Grundannahmen, die nicht gerechtfertigt sind. Nochmal: So gut die Texte dazu auch formuliert sind. Ein kategorischer Imperativ bezogen auf wirtschaftliche Handelsbeziehungen ist nicht ratsam, weil er in einer Allgemeinheit für die einzelnen Beschäftigten nicht denkbar ist. Diese müssen selbst wissen, wie sie wirken, wie sie überzeugen, wie sie etwas gut verkaufen. Denn an letzterem, an einem äußeren Zweck, werden sie gemessen. Ethik steht und fällt nicht mit einem derartigen äußeren Zweck. Ob jemand ehrlich ist, kann höchstens jeder alleine wirklich feststellen, niemand von außen.

Als Spielregel kann man sowas lassen. Dann würde ich aber enorm viel Platz lassen für die individuellen Ausgangslagen. Da du aber schon von einer “praktischen Beschreibung” von Authentizität sprichst, kommt das dem, was ich Spielregeln nenne nahe. Praktische Beschreibungen scheinen keinem Wahrheitsanspruch zu unterliegen, sondern hier sollen sich Einschätzungen in der Praxis bewähren. Damit ginge ich d’akkord. “Authentizität” als “Glaubwürdigkeit” ohne notwendigen Wahrheits- oder Wissenschaftsanspruch, was nicht im Umkehrschluss heißt, dass notwendig gelogen oder bewußt getäuscht werde.

[3]

Ich befürchte nur, der Begriff “Authentizität” birgt ein Problem. Ohne ethische Konnotation, ohne eine individuelle, private Haltung, kann man ihn verwenden, was für viele aber in den Bereich Täuschung fällt, also ein taktisch motivierter Umgang mit Wahrheiten. Es ist bei Prof. Merten schön zu sehen, was für eine Lawine der Ungehaltenheit wegen seiner seltsamen Verwendung des Wortes “Lizenz” aufkommt.

Das Ganze soll doch einen transparenten PR-Knigge ergeben, der für Käufer und Verkäufer optimale Fairness bietet. (Was in der Philosophie seit 30 Jahren auf die Ideen von John Rawls hinaus läuft.)

Wäre sicherlich nutzvoll, kenne ich bislang nicht und könnte vielleicht auf den Begriff der “Authentizität” verzichten, weil er viele reizt, ihn nur nach den eigenen Vorstellungen zu verstehen. Da wäre ein neuer Begriff vielleicht besser.

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