journalismus als teil der klassengesellschaft

In Rouvens Blog habe ich mich doch noch zum stark kritisierten Artikel Das Netz als Feind von Adam Soboczynski Stellung genommen. Da meine beiden Kommentare aneinandergereiht schon wieder einen eigenen Artikel darstellen, veröffentliche ich das ganze hier noch einmal:

Sobocynski kämpft mit seinem Artikel offenkundig für die Intellektuellen und vorgeblich auch für Aufklärung, und unterstellt dabei gleichsam, er selbst sei intellektuell und aufgeklärt. Das ist eine typische Journalistenkrankheit. Intellektualität und Aufgeklärtheit wird unterstellt, nicht unter Beweis gestellt. Dass Intellektuelle gesellschaftlich unter Wert geschlagen werden, ist eine Annahme Sobocynskis, die ich korrekt finde, aber das ist keine Neuheit, die das Netz hervorgebracht hätte. Es dem Netz anzukreiden ist also einseitig. Warum Soboczynski nun für Artenschutz für Intellektuelle eintritt, ist dem Leser ebenso zunächst unklar.

Soboczynski meint, die Netzaktivisten missverstünden Demokratie, indem sie Wertinstanzen für Internettexte missachteten: Weder die Übertragung von Souveränität auf Vertreter [haben diese] im Blick noch robuste Institutionen, die Partizipation strukturieren und begrenzen. Was er da aber beschreibt ist repräsentative Demokratie. Er verwechselt also direkte Demokratie mit repräsentativer, und unterstellt den angeblichen Befürwortern direkter Demokratie im Internet rein utilitaristisch (Mehrheitsprinzip nach marktwirtschaftlichem Vorbild) zu sein. Mit dem Begriff der Demokratie so umzuspringen ist nicht intellektuell, das ist chaotisch. Warum sollen jetzt solche Chaoten besonders schützenswert sein?

Ich glaube aber gar nicht, dass es Soboczynski um Intellektuelle geht, eher um Leute, die sich für Über-Menschen Nietzscheanischer Prägung halten. Was will denn dieser Schreiberling genau? Er will, dass Zeitungen auch im Internet Instanz, d.h. Gerichtshof, politischer Auseinandersetzungen sind, weil das angeblich demokratisch sei. Stimmt überhaupt nicht. Erstens sind Zeitungen keine demokratische Instanz, sondern nur Medien. Zweitens ist es sachlich falsch, sie derart als vierte Gewalt im Staate zu betrachten, was nur ironisch-metaphorisch sinnstiftend ist.

Diese Möchtegernstellung bleibt durch die Blogger und Twitterer natürlich etwas ungeachtet, weil diese selbst über ein in seiner Gesamtheit größeres Netzwerk von Publikationsplätzen verfügen. Diese zu benutzen, ist aber keineswegs ein Verstoß gegen Demokratie.

Soboczynski befürchtet, dass die Klasse, der er angehört untergeht. Sein Vorhaben ist nichts anderes als Anti-Aufklärung vorgetragen im Mantel der Aufklärung. Allen den Kampf zu erklären, die sich im Internet äußern ohne ausgebildete Journalisten zu sein, ist ein heilloses Unterfangen. Solche Journalisten, die glauben, Blogger ließen ihre Felle davonschwimmen, braucht niemand. Wenn deutsche Blogger weiterhin gegen so einen Unfug anschreiben, spricht das für sie.

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