40 jahre uni bielefeld, quo vadis?

Die Bielefelder Universität wird in diesem Jahr 40 Lenze alt. Grund genug für die Universitätsleitung, ein Fest zu planen. Dazu hätte man gerne auch eine geistige Auseinandersetzung, eine gewisse Zierde eben. Es wäre doch schön, wenn sich ein Redner fände, der die Frage klären könnte: Was ist eigentlich der Sinn dieser Universität?

Sowas könnte ein Philosoph behandeln, aber ob sich in der hauseigenen Abteilung jemand findet, der dazu sprechen möchte, ist wohl noch offen. Vor kurzem hat Jürgen Mittelstraß in Bielefeld über die universitätsinterne Rolle der Philosophie gesprochen. Auch kein so einfaches Thema. Er nahm Kant zu Hilfe. Das ist vielleicht etwas ungewöhnlich für die Richtung, aus der Mittelstraß kommt, aber es gibt halt auch kaum einen anderen guten Philosophen, der sich damit auseinander gesetzt hat. Dem anwesenden Rektor hat’s wohl gefallen.

Kant setzt sich im von Mittelstraß herangezogenen Buch Der Streit der Fakultäten ebenso mit der Frage nach dem Sinn einer Universität  auseinander. Nun ist das sicherlich, gerade für Fachfremde, keine sonderlich leichte Lektüre. Ich bringe Kants Haltung mal auf den kleinen, aber verständlichen Nenner: Was ist der vorrangige Sinn der Universität? Wahrheitsfindung oder Nutzenmaximierung? Und hier liegt die Bielefelder Crux: Kants Antwort und die, die offensichtlich in Bielefeld beherzigt wird, sind grundverschieden. Vielleicht findet man ja einen Geist, der besser zu Bielefeld passt. Kant ist einfach zu links für Bielefeld.

Der präferierte Gedanke zieht sich bis in die philosophische Abteilung hinein. Dort ist man besorgt über die geringen Master-Studierendenzahlen. Nachdem man dort vernommen hat, ich hätte Studenten empfohlen, nicht in Bielefeld Philosophie zu studieren, wurde ich angesprochen. Ich könne ja ruhig meine eigene Meinung haben, aber ob ich diese nicht für mich behalten könne, wurde ich gefragt[1. Als Studentenvertreter muss man sagen: Nein. Man muss nachfolgende Studenten über kritische Einschätzungen, über Risiken des bevorstehenden Studiums natürlich, möglichst ohne Schwarzmalerei, in Kenntnis setzen; abgesehen davon, dass in diesem Fall die unterstellte Behauptung gar nicht von mir vertreten wurde. ] . Ich bestritt diese Äußerung, wandte mich gegen den Inhalt der Aussage, und fragte nach genauem Wortlaut der Anschuldigung und nach Urheber dieser diskreditierenden Anschuldigung. Dazu erhielt ich keine Antwort. Für wen der Nutzen entscheidend ist, ist eine Wahrheitsanalyse eben manchmal Zeitverschwendung.

5 Mal wollte man mich in diesem Gespräch durch die Aussage Geld ist kein Problem zu irgendetwas motivieren. Als Gewinner dieser Unterhaltung verließ ich das Gespräch sicherlich nicht: In einer Ordnung, in der das Credo Richtig ist das, was Geld bringt vorherrscht[1. Und machen wir uns nichts vor: Selbst bei Bewerbungen für Professuren in der Bielefelder Abteilung für Philosophie ist mitentscheidend, wieviele Drittmittel die Kandidaten in petto haben, Grundgesetz hin oder her. ], werden diejenigen als Spinner angesehen, die ihre Ideale nicht verkaufen.  In der darauffolgenden Qualitätssitzung saßen dann geradezu demonstrativ Studenten ohne eigene kritische Meinung und Ideale. Das war den anwesenden Lehrenden auch irgendwie nicht recht.

Man kann behaupten, der vorhergehende Absatz sei mein Nachtreten, meine Genugtuung oder so etwas. Ich kann nur dagegenbehaupten, dagegenschreiben, dass mein Anliegen ein anderes ist: Mit diesem Absatz wollte ich nur exemplarisch darlegen, was für einige Leute in Bielefeld der Kritik schon zuviel ist. Vielleicht kann man ja daraus einen Universitätsbegriff stricken.

mehr Zur Einführung von Studiengebühren an der Uni Bielefeld: Es muss ein Druck durch Deutschland gehen

Weiterlesen