das julia-seeliger-experiment

Sowohl in Twitter, bei der Jungen Freiheit als auch in Blogs gibt es derzeit Vorwürfe gegen Julia Seeliger. Julia Seeliger ist bekannt als Bloggerin, Politikerin der Grünen und derzeit als taz-Schreiberin tätig.

Die Vorwürfe gehen in die Richtung, dass Seeliger als taz-Autorin unzureichend ihre private, grüne Meinung aus ihrer Arbeit als Journalistin heraushält. Seeliger hatte das Interview eines Vertreters der Piratenpartei mit der Jungen Freiheit als problematisch gerügt. Weitergehend wird von Seeligers Kritikern eine Verschwörungsgeschichte aufgezeigt, nach der wahlweise die taz bei Grünen-Anhängern Tritt fassen möchte oder die Grünen über die taz gegen die Piratenpartei poltert.

Die Unterstellungen an die taz, die Grünen und Julia Seeliger sind allerdings allesamt albern. Wer Julia Seeliger ein wenig liest, kennt ihren Stil und wusste von ihr schon vor einem Jahr, dass sie vorhatte, sich beruflich zu entwickeln und sich nicht allein über die Grünen identifizieren zu lassen. Dass die taz die Grünen instrumentalisiert oder die Grünen die taz klingt für den einen oder anderen vielleicht spannend, aber hieraus entstünden letzten Endes beiden Organisationen nur negative Effekte, so blöde sind beide  nicht.

Dass die taz Seeliger als Schreiberin einstellt ist nichtsdestotrotz ein Experiment. Denn Seeliger ist mit Blogs groß geworden und daran orientiert sich ihre Argumentationsweise: Sie fragt und behandelt Argumente öffentlich, was auch heisst, dass von ihr veröffentliche Sätze inhaltlich überarbeitet werden. Letzteres ist ein Blog-Stilmittel, keines des Printjournalismus‘. Wie sich dieser Schreibstil mit der taz vereinbaren lässt, wird sich zeigen. Aber die taz selbst ist auch kein Blatt, von dem man sagen kann, dass es sich immer dadurch ausgezeichnet hat, dass die Artikelschreiber Objektivität in der Sache jederzeit als allerhöchsten Maßstab beherzigt haben. Wer jetzt Seeliger oder der taz den Vorwurf macht, sie entsprächen nicht einem angeblich allgemeinen Journalismus-Stil, der verkennt, dass diese sich jenem nie verschrieben haben.

Julia Seeliger darf aber durchaus weiter so schreiben, wie sie es gewohnt ist und die Entscheidung der taz, Julia Seeliger mit ins Boot zu nehmen ist auch alles andere als falsch: Seeliger kennt sich hervorragend mit Netzwerken aus und hat eine eigene Meinung, die sie hartnäckig vertritt.

Was Seeligers Kritik am Interview des Piratenparteivertreters mit der Jungen Freiheit angeht, so ist dazu folgendes zu sagen:

Julia Seeliger schreibt darüber, dieses Interview zu halten:

Politisch war das instinktlos, ideologisch problematisch.

Das stimmt. Der Interviewte hat ja zugegeben, keine Ahnung gehabt zu haben, was die Junge Freiheit für eine Zeitung ist. Mit ihrem Artikel hat Julia Seeliger genau das offen gelegt.

Mit ihrem Versuch, die Junge Freiheit in die politisch untragbare rechte Ecke zu stellen, punktet Julia Seeliger aber nicht. Zwar wurde die Zeitung vom Verfassungsschutz beobachtet, dieser wurde dafür allerdings vom Bundesverfassungsgericht gerügt, da, so das Gericht, Kritik an der Verfassung aus rechter Sicht im Rahmen der Pressefreiheit zulässig sei.

Auch der Schmittismus-Vorwurf, den sie einstreut, will nicht überzeugen: Von Gessenharter übernimmt sie gerade die Kritikpunkte an der Haltung der Jungen Freiheit, die selbst widerum kritikwürdig sind:

„Eine schlüssige Beweisführung der Menschenrechte aber gibt es bis heute nicht.“ So gelesen in einer Ausgabe [der Jungen Freiheit, Anmerkung CH] im Jahr 2007. Und weiter „Ihre naturrechtliche Begründung mit der ‚Gleichheit’ aller Menschen ist kaum überzeugend, weil die Menschen von Natur eher verschieden sind.“

Ein schlüssiger, d.h. logisch erwirkter Beweis der Menschenrechte, so wie allgemein der Konvolut aus Redefreiheit, Meinungsfreihet etc. genannt wird,  ist mir auch nicht bekannt.  Und eine naturrechliche Begründung der Gleichheit aller Menschen wird nicht durch die Behauptung, alle Menschen seien von Natur aus verschieden, widerlegt. Denn im ersten Fall kann man von „gleich an (Freiheits)-Rechten“ reden, während man im zweiten Fall von unterschiedlichen physischen und psychischen Zuständen redet.

Weil Julia Seeliger Vorverurteilungen mit eindeutigen Sachlagen vermischt, überzeugt sie nicht mit dem Vorwurf, die Piratenpartei sei „unsensibel gegenüber rechtslastigen Argumentationen“.

Vielleicht liegt es an ihrer politischen Herkunft, dass Seeliger in diesem Punkt nicht so differenziert schreibt, wie einige Leser es sich wünschen, aber für mich ist dieser Punkt kein Grund, in der Persönlichkeit Julia Seeligers herum zu psychologisieren: Dass ich meine, Julia Seeliger liegt in einem Punkt falsch, ändert nichts an den Qualitäten von Julia Seeliger

mehr: ef-online – Die Piratenpartei, die „taz“, die „Junge Freiheit“: Jehova, Jehova!

Du magst vielleicht auch

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert