ich muss durch den konsum, hinter das geld

Mehr Geld. Mehr Geld. Recht auf mehr Geld. Manchmal fragt man sich ja schon, wie man Musik in Moneten umrechnen sollten. Seit Jahren wird das illegale Musikdownloaden und der angebliche Verlust für die Musikschaffenden beklagt. Wer sich auf so abenteuerische Denkkonstrukte wie die Musikindustrie beruft, der müsste sich eigentlich so langsam disqualifiziert haben für diese Diskussion.
Dieses Mal steht vie offenem Brief an Angela Merkel Tokio Hotel mit an fordernster Front. 4 Taugenichtse, die ich gern mal zum Spargelstechen schicken würde. Wer durch den Monsun kommt, für den sollte ein Spargelfeld kein Problem darstellen. Aber gut, etwas weniger plump.
Wer hört denn die 4 Jungs? Größtenteils Leute unter 20, wenn man mich fragt. Und dafür verkaufen sich die Platten doch sehr gut, sind die Konzerte gut ausverkauft. Da muss man schon fantasievolle Berechnungen zusammenklatschen, um den angeblichen Schaden, den diese Gruppe anheimfällt, klar zu machen. Und wer richtet nun angeblich Schaden an zum Nachteil von Tokio Hotel? Dieselben Leute, die sicher irgendwie zu deren Erfolg beisteuern. Dadurch, dass sie sie hören, gut finden, weiterempfehlen, auf Konzerte gehen und CDs kaufen. Warum verklagt man nicht gleich diejenigen, die die Songs von Tokio Hotel weder kaufen noch runterladen?
Aber irgendwie ist diese Diskussion alt. Neu ist eine ähnlich skurile Diskussion auf dem Büchermarkt. Ein seltsamer Themenschwerpunkt fiel mr schon beim Welttag des Buches auf. Jetzt beklagt Rüdiger Wischenbart das Rumgejammer der Verleger.

Weiterlesen

welttag des buchtipps

Heute ist tatsächlich Buchwelttag. Eigentlich ist ja sowieso jeden Tag der Welttag von irgendetwas. Gestern war der Tag der Erde und morgen ist der Tag des Versuchstieres. Hoch soll’n sie leben!
In meiner Heimat hat sich die Presse des Themas angenommen. Und schwupps zeigt sich: Es ist gar nicht unbedingt der Welttag des Buches, sondern eher Welttag des Buchverkaufs oder des Bücherlesens. Dabei lese ich schon daneben sehr viele PDFs, viele Internetseiten und E-Mails ohne zu denken, dass ich Büchern zu wenig Wertschätzung zukommen lasse.
Interessant wäre ja gewesen, wer was für Bücher sich wie zuhause ins Regal stellt. Meine Eltern haben ihr Wohnzimmerregal voll mit Buchclub-Zwangskäufen, da ist Buchkultur ja was anderes und da wäre ein Welttag des Buches nicht unangebracht. Bücher sind in Wohnstuben ja immer noch Einrichtungsgegenstand. Aber wieviele Leute stellen irgendwas in die Regale, quasi als Ablage, und wieviele schätzen ihre Sammlung als Bibliothek? Mich würde es persönlich tatsächlich stören, Elke Heidenreich im Regal neben Kant und Dostojewskij zu platzieren, andere Buchaufbewahrer sind da sicherlich schmerzfreier.
Da dieser heutige Gedenktag also sowieso nicht einheitlich verstanden wird, interpretiere ich ihn mal als Welttag des Buchtipps und verweise auf meine Bücherempfehlungsseite. Viel Spaß beim Lesen!

Weiterlesen

alles von alles

1970 muss ein Jahr gewesen sein, in dem vieles in Ordnung gewesen ist. Das denkt man, nimmt man sich Dana und ihr Lied All kinds of everything zum Maßstab. Dieser Kreationismussong spielt mit den Fragen, was eigentlich das Gegenteil von All kinds of everything ist und was hier naiver dargestellt werden soll: Die Sängerin oder die Weltanschauung des Texters. Eine ewige Streitfrage.

Ich liebe es ja besonders, wenn sie bei All kinds die Hande zusammen nimmt und bei everything die Hände emphatisch ausbreitet.

Weiterlesen

Wenn die ARD nicht schwimmen kann…

Wenn die göttlichen, deutschen Grundversorgungsfernsehsender eine Sendung, die vielumworben scheitern geht, dann hilft nur noch metaphern. Irgendjemand muss dann sagen, was der Fehler war. Was man nicht sagen darf ist, dass das Konzept der Sendung sich erst noch entwickeln musste oder dass die Sendung einfach nur richtig schlecht gemacht worden ist.
Das hat sich bei Bruce schon fast keiner mehr getraut, bei Ich weiss, wer richtig für dich ist schon. Die Producerin meinte doch glatt, für das Scheitern eine gute Erklärung zu haben. Der Zuschauer habe den Sendeplatz vergessen. Also, es gibt diesen Zuschauer, aber der hat ARD-Alzheimer. Da können wir nu auch nichts mehr für. Der Zuschauer wollte gucken, meinte dann aber, er hätte den Sendeplatz einfach vergessen. Pech. Die Idee wäre gut gewesen, meint die Producerin, und das habe das Testpublikum bei der Marktforschung auch gemeint. Aber die hatten dann auch wohl kein Alzheimer. Gut, man könnte auch anführen, dass es sich bei dieser Sendung um einen unromantisch und nervend-langweilig öffentlich-rechtlichen Abklatsch der einen oder anderen MTV-Sendung handelt, aber man entscheide selbst:

Weiterlesen

nachrichtenkompetent

Feed me! Nein, dies wird kein Eintrag darüber, dass ich gerade Pfunde verliere oder über die Verschließpackungsdiäten anderer, sondern über Nachrichtenaufnahme.
Ein basaler Grund der Internetbenutzer ist es ja, an Nachrichten zu gelangen. Hat man erst einen PC, fällt die Frage weg, ob man durchs Fernsehen oder die tägliche Zeitungslektüre nicht besser versorgt werden würde. Dieser neuartige Flimmerkasten hat den Reiz des Modernen. Man reagiert auf den Reiz eher als auf den Inhalt, was einen zum Opfer macht.
Ich gehöre auch zu Es-derart-Bequemhabenwoller, keine Frage. Ich lese nicht die Intouch, die auch von diesem Trend leben, aber meine Startseite war lange Zeit die Newsseite von Google. Das Argument für diese Seite war, das die „besten“ Informationen aller Nachrichtenseiten dort zusammen gefasst werden. Die Nachrichtenseiten beklagten, dass ohne Gegenleistung von ihrer Arbeit dort profitiert werden würde. Rein rechtlich ist das nicht relevant geworden. Rein persönlich war es mir auch nicht relevant. Zeitungen müssen ausspielen, dass sie „aus einem Guss“ ihre Weltsicht darlegen. Ansonsten sind sie so austauschbar wie der Inhalt von Googles Newsseite.
Dann las ich einmal die Haltung Josep Weizenbaums zu Suchmaschinen, knackig formuliert als Vergessen Sie Google. Darin sagt er, wer über Google etwas sucht, gelangt doch eher selten zu genau dem, was er zu suchen beabsichtigt. Das stimmt. Man gelang zwar meist zu ganz brauchbaren Suchergebnissen, aber mit diesen ist die eigene Suche noch lange nicht beendet. Google vergessen kann man leider nicht, dazu dominiert es zu sehr das Internet. Aber bewusst Abstand halten, kann man. Scroogle bietet schon einmal die Google-Suchergebnisse ohne Werbung, allerdings auch ohne Bildersuchmöglichkeit. Aber die benötigt man auch eher selten, solange man eher sachliche Information haben möchte.
Aber zurück zu den Nachrichten. Viele kennen es, manche noch nicht: Das kleine Firefox Hilfswerkzeug Brief. Dadurch kann man Nachrichten von Blogs abbonieren. Die „durchsucht“ man zwar auch noch nach Relevanz, so ganz geht das nicht ohne, aber man schaltet immerhin z.b. zeitraubende Klatschpressentratsch ab und wird somit besser informiert. Und ich fühle mich tatsächlich in den Bereichen, die mich interessieren, besser informiert, habe das Gefühl, weniger Unsinn aufnehmen und verarbeiten zu müssen. So lässt sich mit Information scheinbar wirklich besser umgehen. Und seit Tagen war ich nicht mehr irgendwie bei Google. Beruhigend. Ein Ausblick könnte tatsächlich sein, dass Feeds der Newsseite von Google fern von direktem Kommerzdenken Konkurrenz macht.

Meine Feeds sind derzeit:

Gulli News, de.sci.philosophie, Die Zeit, Caschys Blog, Fernsehlexikon, DWDL, Stefan Niggemeier, Sternstunde Philosophie

Weiterlesen

verachtenswerte werbung (2): bierseliges weltretten

Ich habe in einer vorhergehenden Aufzeichnung geschrieben, welche unterschiedlichen Arten es gibt, auf denen kommerzielle Werbung dem Verbraucher nahe tritt. An dieser Stelle möchte ich der besch…ensten Art alle Ehre machen.
Ein großer deutscher Bierhersteller wirbt mit TV-Größe Günter J. dafür, dass man für jede Kiste ihres Getränks einen 1m² Regenwald bekommt. Trinkt Alkohol und ihr seid moralisch gut. Ihr rettet den Regenwald. Das sollte euch der Kauf unseres Getränks doch wert sein.
Ich gönne der Firma ihre Profite, ich unterstütze das Kaufen von Getränken in Getränkemarken, aber dieses verlogene Gutsein, was durch diese Werbeaktion heraufbeschworen wird, ist schon eine derbe Angelegenheit. Ich hadere immer damit, wenn kommerzielle Produkte mit einer moralischen Farbe angestrichen werden. Was hat Bier mit dem Regenwald zu tun? Verschuldet sich die Bierbrauerei etwa dabei, wenn es neben dem Bier noch ein Stück Regenwald rausgibt? Was kostet denn das wohl?

Nun, früher einmal kostete 1 Hektar Regenwald 200 DM, das wären keine 100€. 1 Hektar sind 10.000m². Das bedeutet, dass 1m² Regenwald 2 Cent kostete. Von drastischen Preissteigerungen beim Regenwaldsquadratmeter habe ich in letzter Zeit nichts vernommen.

Braucht es für Sie auch nicht mehr als 2 Cent, um sich als Gutmensch zu fühlen? Dann erkläre ich ihnen kurz, wie man sich noch besser fühlen kann. Kaufen Sie eine Billigbiermarke und stellen Sie diese kalt. Kalt schmecken die meisten Biere ähnlich. Und die 3-6 € Unterschied zur K*-Kiste spenden Sie. Das wär mal eine Aktion. Und sie müssten noch nichtmal scheinheiligen Moralisten anheim fallen.


Link: Regenwald.org

Weiterlesen

verachtenswerte werbung (1): pocher hier nicht rum

Will man werben, muss man sich was einfallen lassen. Das weiss jeder Single. Das gilt aber genauso für kommerzielle Werbung. Anfangs galt es, den Verbraucher von der Wirksamkeit des beworbenen Produkts zu überzeugen. Der Verkaufsdruck wurde aber immer größer. Irgendwann nahm man von der tatsächlichen Überzeugung des Verbrauchers Abstand. Ihm wurde geschmeichelt („Heute ein König!“), er wurde erheitert oder ihm wurde eben nur noch Coolness („Queen of table-water“) oder Seriösität („Wir haben für Sie getestet!“) vorgegaukelt. Unterm Strich heisst das, dass die Werbung deutlich persönlicher gemacht wurde- ohne die Personen tatsächlich zu kennen, noch Rücksicht auf irgendetwas zu nehmen.
Die nächste Stufe war: Er wurde provoziert („Ich bin doch nicht blöd!“). Aktuell soll wohl mit folgender Werbung versucht werden, diverse Dinge zu kombinieren: Schmeichelung, Provokation, Humor und Coolness.

Junge Menschen, nette, moderne, farbdurchdachte Wohnung, Sie fein gekleidet, Er leger. Es ist ein sonniger Tag, beide agieren zielbewusst. Bis dahin ist alles okay. Dann stopft Sie Fleisch in den Toaster. Und um locker, cool und megatrendy zu übertönen, dass die Blondine da gerade für das Stück Fleisch keine Pfanne rausgeholt hat, sondern den Toaster, lässt man ihren Mitbewohner durch die Decke in den Garten katapultieren, weil dieser das Fleischstück zuvor „Schnitzel“ genannt hat. Vielleicht wollte er ihre spontan einsetzende Geisteskrankheit herunterspielen oder vielleicht hat’s bei der teueren Einbauküche für einen Backofen oder eine Herdplatte einfach nicht mehr gereicht. Das bleibt im Unklaren. Eine dumpfe, coole Stimme meint nur halb zum Mitbewohner, halb zum Zuschauer: „Don’t call it Schnitzel!“

Das hatte ich nie vor, du Eumel! So wenig wie in meinen Toaster was anderes zu stecken als gottverdammtes Toast. Will mir als nächstes jemand Socken andrehen, die man zum Trocknen im Staubsauger festklemmt? Wenn ihr mir schon persönlich kommen wollt, dann doch bitte mit mehr Niveau. Aber spätestens dieser Spot läutet die allgemeine VerPocherisierung der Werbung ein, der man immer wieder sagen sollte: Das ist kein Humor, das ist nur ein scheiternd debiler Versuch, lustig und geistreich zu sein. Fachbegriff „Pocher“. Also, lieber Storylineerfinder: Pocher hier nich rum! Das braucht keiner. Und: Essfleisch gehört in die Pfanne, in den Backofen oder auf den Grill. Es in den Toaster zu stecken ist fast schon eine Verhöhnung der getöteten Tiere. „Wir manschen euch so zusammen, dass ihr in Haushaltsgeräte passt, die nicht zur Erwärmung von Fleischgerichten erfunden wurden. Als nächstes schieben wir euch ins CD-Laufwerk.“
Können Sie mir das ausschließen?

Weiterlesen

wehlers humanismus

Erneut hat es das Forum offene Wissenschaft in Bielefeld geschafft, Hans-Ulrich Wehler für einen Vortrag mit dem Titel „Die Idee der Humanität in Geschichte und Gegenwart“ zu gewinnen.
Das letzte Mal, dass ich Wehler im FoW gesehen habe, wetterte er eindrucksvoll und bestimmt, manche werteten das als polemisierend, gegen eine Aufnahme der Türkei in die EU. Damals erzählte er eine Anekdote über den seinerzeitigen Außenminister Joschka Fischer. Den habe er in Berlin auf einer Party getroffen und nachdem man den einen oder anderen intus hatte, soll Fischer einen Vergleich zu Genscher gezogen haben: „Halb soviele Amtsjahre, aber doppelt soviel Flugmeilen!“ Dem Publikum gefiel natürlich diese Anekdote, man traute sie Fischer ja auch ohne weiteres zu. In diesem Kontext wirkte sie allerdings befremdlich, aber Wehler konnte sie sich leisten.
Heute Abend nun sprach Wehler über Humanismus. Man durfte gespannt sein, schliesslich wagte Wehler sich damit ausserhalb seines Forschungsbereichs. Dies räumte Wehler vor einer hörsaalfüllenden Fangemeinde auch ein, warb aber dafür den Humanismus als europäisches Kulturgut, das auf dem Christentum aufgebaut worden sei, weiter zu befördern. Das Christentum habe gezeigt, dass es ein derartiges Kulturgut verbreiten könne. Daher habe er auch nichts dagegen, es in eine europäische Verfassung Gott einzubinden, da der christliche Glaube eben auch europäisches Kulturgut sei, auch wenn er selbst die jüdische Religion der christlichen in inhaltlicher Sicht bevorzugen würde.
Bezogen auf letzteres sagte er, es sei leichter an einen einzigen gesetzgebenden Gott zu glauben als an ein gemischtes Team aus Gott, Engeln und sonstigen Wesen. Wehler betonte, in einem derartigen Rahmen sei es immer ratsam, den Inhalt mit einer politischen Aussage zu verknüpfen, das erklärte sein Werben für die Anerkennung des Humanismus als europäischem Exportschlager. Andere Religionen oder Amerika mit seinem Way-of-life hätten eine derartige Wertetradition nicht vorzuweisen.
Und an diesem Punkt sprach Wehler, der jahrelang in den Vereinigten Staaten lehrte, doch noch etwas für mich interessantes an. Ihn habe dieser starre, unerschütterliche Glaube an den american way of life immer irritiert. Die Geschichte des Tellerwäschers, der zum Millionär wird, würde immer wieder durch die eine oder andere derartige Geschichte bestätigt, während sich niemand über die oftmals fehlende Krankenversicherung wunderte. Der Glaube, der Einzelne müsse nur hart genug arbeiten, dann bekomme er schon seinen verdienten Lohn, sei wesentlich grundlegender verankert als die Idee von einer umfassenden Sozialversorgung.
Jetzt leuchtet mir schon eher ein, weswegen aktuelle amerikanische Filme ums Verrecken nicht auf den Einen, der alle rettet, verzichten kann, aber Rawls‘ Theorie muss ich darauf hin nochmal testen.

Weiterlesen