pet shop boys – one in a million

Das neue Pet Shop Boys Album Yes hat mich jetzt noch nicht ganz so umgehauen wie viele aktuelle Rezensenten, vielleicht höre ich mir das nochmal laut an. Im Zuge dessen habe ich aber alte PSB-Platten rausgekramt und bin bei diesem schmucken kleinen Stück vom Album „Very“ hängen geblieben. Das beste Album ist es für mich nicht. Der Song aber ist einfach, ohrwurmend und nach einer gewissen Zeit halt gut:

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provinzbloggen

Heute habe ich mal meiner kleinen Heimatstadt zu ihrem ersten kleinen, schnuckeligen Blog verholfen. Irgendwie ist es ja doch immer putzig, auf so was kleinprovinzielles zu stoßen, ohne diesen Projekten jetzt mal im mindesten den Anspruch abzutreten. Bin mal gespannt, was daraus wird: www.ibblog.de

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der grönemeyer der deutschen philosophie

Peter Sloterdijk hat der FAZ wieder ein Interview gegeben und das gibt mir den Anlass mal kurz über Peter Sloterdijk zu reflektieren. Denn Peter Sloterdijk ist durchaus ein Phänomen. Und das meine ich in der alltäglichen Redeweise, dass er dem reinen Wortlaut nach eine Erscheinung ist, weiss man ohne hinzugucken. Peter Sloterdijk gehört sicherlich zu den bekanntesten Philosophen Deutschlands und mit der „Kritik der zynischen Vernunft“ hat er eines oder gar das meistverkaufteste Buch eines zeitgenössischen Philosophen deutscher Zunge geschrieben.

Dem gegenüber steht, dass Sloterdijk an deutschen Universitäten auf dem Lehrplan eigentlich nicht vorkommt, man liest ihn nicht, er lehrt weder an einer sonderlich bekannten Universität, er residiert nicht an einer philosophischen Abteilung, die wenigstens fachintern bekannt wäre, noch gäb es irgendwelche Fachartikel von Sloterdijk die im Fach einschlägig bekannt sind. Kurzum: Sloterdijk ist fachintern bedeutungslos, er ist ein Philosoph des Feuilletons und des Literaturbetriebs.

Dies ist kein Ausweis darüber, dass Sloterdijk ein schlechter Philosoph ist. Gott bewahre. Viele gute Philosophen sind selbst fachintern unbekannt. Interessant ist, dass Sloterdijk fachextern so bekannt ist. Dass oftmals, wenn eine philosophische Meinung gefragt ist, er gerufen wird. Obwohl er fachintern so ignoriert wird, sein Buch zwar gut verkauft worden ist, den genauen Inhalt aber kaum jemand kennt.

Das hängt ein wenig auch mit dem Philosophiestil Sloterdijks zusammen. Zwar fasst er durchaus nicht unkomplexe Gedanken zusammen und bekommt diese auch so gut auf den Schirm, dass er Zuhörern eine interessante Darlegung eines Sachverhaltes gibt. Allerdings verwendet Sloterdijk dabei soviele unerklärte Metaphern, dass der Zuhörer einfach kaufen muss, nicht alle Worte genau zu verstehen. Das ist derselbe Vorwurf, den Grönemeyer-Ablehner Grönemeyer-Hörern machen: Was bringt dir das, etwas anzuhören, dass du weder wörtlich noch inhaltlich genau verstehst? Na, es hört sich halt schön an.

Das ist aber ein ästhetisches Argument, des Philosophen Aufgabe ist es aber nicht, über Ästhetik Auskunft zu geben. Er soll als Philosoph nicht sagen, dies oder das ist schön. Das kann er als Privatperson sagen. Er soll sagen, welche Begründung an welcher Stelle angebracht ist und ob sie überzeugt. Und dafür sollte er klar herausstellen, in welcher inhaltlichen Bedeutung er welche Begriffe verwendet. Letzteres macht Sloterdijk beispielsweise viel zu selten.

Der haut lieber Sätze raus wie „Intelligenz existiert in positiver Korrelation mit dem Willen zur Selbstbewahrung. Seit Adorno wissen wir, dass diese Korrelation in Frage gestellt werden kann – das war die suggestivste Idee der älteren Kritischen Theorie.“ Den ersten Satz kann ich auch sehr gut ohne Adorno in Frage stellen, allein deswegen schon, weil er kaum verständlich ist. Aber so bauscht man die Bedeutung der eigene Schule noch mal auf, bevor sie vollends vergessen wird.

Für’s Feuilleton reicht das allerdings: Da ist eh‘ kein Platz für Erörterungen. Da darf sich ein Philosoph als Lebensratgeber hinstellen und niemand fragt, was gerade ihn dazu eigentlich berechtigt. Als reinen Philosophen berechtigt ihn nämlich nichts. Verdammen Sie mir nur den Sloterdijk nicht: Er kann für Einzelne so gewinnbringend sein wie Grönemeyer als Musiker.

Soll man denn nun Sloterdijk lesen, wenn der Autor dieses Artikels so wenig Gutes an ihm lässt? Ja, natürlich. Lesen Sie Sloterdijk. Fangen Sie an mit der „Kritik der zynischen Vernunft“. Machen Sie sich ein eigenes Bild. Zwar bin ich permanent über die Voreingenommenheiten, die Sloterdijk seinen Lesern und Zuhörern unterjubelt, genervt, dennoch regt Sloterdijk zum Denken an. Und in dieser Hinsicht ist Sloterdijk sicherlich besser als manch andere Philosophen, die sich tagesaktuellen Problemen nicht stellen.

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flieger-martin

Heute ist Welt-Down-Syndrom-Tag, welcher mich an meine Zivi-Zeit erinnert. Damals hatte ich die unterschiedlichsten Aufgaben. Eine davon war, morgens Rollis und andere Behinderte zu deren Arbeitsstätte zu fahren. Auf einer dieser Touren war Flieger-Martin mit dabei.

Flieger-Martin heißt Flieger-Martin, weil er jeden Tag einen Flieger, einen Papierflieger bastelt. Er nennt das „Flieger baun“. Ein Tag kann nur dann ein guter Tag für Martin sein, wenn er einen Flieger gebaut hat. Und solange er noch keinen Fleiger gebaut hat, ist das eben auch noch kein zufriedenstellender Tag. Dann ist er nicht gut gelaunt.

Martin redet gerne davon: Dass er Flieger gebaut hat, dass er noch einen Flieger bauen muss, wie schön es ist, Flieger zu bauen. Sie müssen ihm nur ein paar Minuten zu hören, und sie bekommen Lust, auf die Schnelle auch so einen Flieger zusammen zu falten. „Flieger baun!“ sagt er mehrmals am Tag, „Martin geht jetzt Flieger baun! Fff-, Fff-, Flieger baun!“.

Von so einem Menschen ist man natürlich zunächst irritiert, manchmal nervt es einen auch, aber irgendwann dann nimmt man es sportlich. Und dann nervt es auch gar nicht mehr.

Also fragte  ich Martin eines Morgens:
„Du, sag‘ mal, Martin, glaubst du eigentlich an Gott?“
– „Jahaa!“
– „Und wo wohnt der?“
– „Im Himmel!“
–  „Und was macht der so den ganzen lieben, langen Tag?“
– „Fff-, Fff-, Fff-, Flieger baun!“

Ich persönlich habe keinen sonderlich tiefen Glauben an so einen personifizierbaren Gott verinnerlicht. Aber andererseits: Wenn ich an so einen Gott glaubte, ja, doch, der würde Flieger bauen, da bin ich mir sehr sicher.

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niggemeiers deformations- und systemgedanken

Mein Post beim Stefan Niggemeier von letzter Nacht wollte ich hier auch mal eben festhalten. Mehr für mich als für den geneigten Leser.
Lieber Stefan Niggemeier,

ich bin mit der Ausrichtung dieses Artikels nicht einverstanden und muss auch Gerd Blank, mit dem ich auf twinterview.de ein Gespräch über seinen Artikel, den du hier erneut verlinkst, in Schutz nehmen.

Gerd Blank ist nicht deformiert und sein Artikel ist auch nicht Teil eines Systems, das sich gegen Privatanwender von Twitter richtet. Die Sache ist nicht derart rund, wie du sie hier darstellst, auch wenn die Kommentarschreiber relativ unkritisch bislang dem trotzigen Ton zustimmen.

Gerd Blank ist sicherlich ein netter Typ, der aus gutem Grund bestimmte Tweets am Tage des Amoklaufs für anstandslos empfand. So weit ist das okay. Aber ich glaube, dass er den besagten STERN-Artikel in der Hitze des Augenblicks schrieb, so dass teils unverständlich ist und teils bspw. bzgl. der Gegenüberstellung Qualitätsjournalist und Twitterer völlig überzogen und unzutreffend. Der Artikel lässt eine sachliche Ebene zu stark vermissen und hätte viel besser in einen privaten Blog gepasst als auf eine offizielle Seite des STERN.

Der Artikel passt nur insofern in die derzeit beklagenswert niveauarmen Journalistenartikel, als dass er fiebrig verfasst zu sein scheint. Diese Fiebrigkeit ist am aktuellen Journalismus beklagenswert, macht aber kein System aus. Alle Zeitungen wollen was über den Amoklauf berichten, dabei sind die Bilder doch größtenteils schon bekannt. Man würde sich oft wiederholen. Bis man an ein sachlich gutes, beschreibenswertes Bild des Täters herankommt, ist die Story „Amoklauf” längst wieder out.

Also stürzt man sich auch auf Nebenkriegsschauplätze, auf denen scheinbar nichts zu verlieren ist. Außer eben das Ansehen bei den potentiellen Lesern. Es sind viel zu viele „Journalisten” unterwegs, die dem Thema nicht gewachsen sind, aber dennoch was sagen. Denen man entgegenschreien möchte: „Nun halt doch endlich deine Fresse!” Sie verkaufen die Würde ihres Berufs gerade für die Hoffnung, erster Berichterstatter dieser Story zu sein, und im Namen von Zeitungen und Magazinen, die einst Qualitätsjournalismus in Deutschland mit eingeführt haben. Als ob es bei dieser Geschichte irgendetwas zu gewinnen gäbe.

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das wort, das nicht gesagt werden darf

Eine Rechtsanwältin erzählte mir, der Sohn einer Mandantin sei am Montag von der Polizei „wegen akuter Amokgefahr“ aus dem Unterricht geholt worden, weil ein Pädagoge bei ihm ein übertriebenes Interesse für Paintball festgestellt habe. In Schramberg wird ein 16-jähriger von der Polizei festgenommen und abgeführt, weil er in einem Brief an einen Mitschüler salopp einen Amoklauf ankündigt.

Man erwartet von Heranwachsenden, um zurecht zu kommen, eine ausgeprägte Rücksichtnahme auf wohlmögliche Ängste, die sie anderen bereiten. Sie müssen wissen, welche Sprengkraft allein ihre Sätze angeblich haben. Sie sollen dem Reiz, Aufmerksamkeit zu bekommen, wenn sie provokant das Wort „Amoklauf“ verwenden, widerstehen. Sonst riskieren sie Polizeibesuch und die Härte des Gesetzes.

Ein Ibbenbürener Lehrer erzählte mir mal, das in letzter Zeit Irritierenste an seinem Job seien 13-jährige, die wegen zu schwachem Schulerfolg glauben, keine Chance mehr im Leben zu haben. Diese Gesellschaft ist so weit, dass schon 13-jährige nicht völlig unbegründet an Job- und Existenzängsten leiden.

So, und jetzt beantworten Sie mir mal folgende Frage: Wen kann eigentlich ein 13-jähriger verklagen, wenn man ihm so eine Angst macht?

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laufend amok

Jetzt ist also der nächste Amoklauf eines jungen Menschen passiert und man muss nicht unken, es wird kommende geben. Schule war immer eine Metapher für die Gesellschaft, war immer Ort von Demütigungen. Als ich die ersten Informationen von der Tat in Winnenden bekommen habe, war ich nicht geschockt, war nicht brennend interessiert, jede Information über die Medien zu ergattern. War das zynisch? Ich hatte einfach keine Lust, mich dafür interessieren zu müssen, was das nun schon wieder für ein Jugendlicher ist, der sich gedemütigt fühlt und der meint, eine derartige Tat sei ein ihm zustehendes Mittel, um sich für die Demütigungen, die er empfunden hat, zu entschädigen.

Ganz in der Nähe meines Heimatortes liegt Emsdetten, der Stadt, in der der letzte medial stark aufgenommene Amoklauf an einer deutschen Schule stattfand. Damals verstreute der Amokläufer viele Informationen im Internet. Profile in irgendwelchen Foren, Videos mit irritierenden Darstellungen, ein Abschiedsvideo, Tagebuchaufzeichnungen, die 30 Tage vor der Tat anfangen und langsam, Tag für Tag runter zählen: 30, 29, 28… Ich war schockiert über das abzählen der Tage, das Nummerieren, das Bewusstsein: Noch 30 Tage bis zum Ende, noch 29,… noch 2 Tage, … Ende. Ich sah den jugen Mann auf Straßen, die mir wohl bekannt waren, die ich ebenso entlanggefahren bin, sah ihn mit Feuerwaffen posieren im Tecklenburger Wald, meinem Tecklenburger Wald. Ich habe alles gelesen, was er im Internet hinterlassen hat und ich habe verstanden, wie bedrängt er sich gefühlt hat. Das kann man verstehen und das ist kein krummer Gedanke.

Wenn jetzt wieder ein Wort Johannes Raus hervorgeholt wird, dass „Wir diese Tat einfach nicht verstehen“, so bin ich widerwillig. Ich toleriere die Entscheidung nicht, dass man wegen des Gedankens, man selbst sei bedrängt, zum Loser abgestempelt, um Chancen beraubt, die eigene Subjektivität werde von der Gesellschaft negiert, eine Gewaltat gegen irgendwen, gegen Undschuldige unternimmt. Hier bergründet man einen Krieg, der vorher nur eingebildet war. Die Schulamokläufer hätten darauf kommen können, dass ihre Tat ihnen selbst verboten ist, das war aber leider nicht der Fall. Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf, er muss zur Gesellschaft erzogen werden. Der Emsdettener Amokläufer schreibt in seinem Tagebuch über einen Lehrer, der ihm freundlich gesinnt war, der versuchte auf ihn einzugehen, dessen Eingehungsversuch der Schüler aber ablehnt. Der Rachegedanke saß wohl schon tief, aber es ist sein eigener Fehler, eine ausgestreckte Hand abzuwehren. Ein moralischer Gedanke, der diesem jugen Mann durchaus bewusst werden musste, den dieser aber selbst weggestoßen hat.

Ich habe vor einiger Zeit mit einem Hauptschullehrer geredet, der mir sagte, das Irritierenste für ihn sei, dass er Klassen habe mit 13jährigen, die glauben, keine Chance mehr im Leben zu haben. Und er ertappe sich bei dem Gedanken, dass diese Schüler vielleicht nicht ganz unrecht haben. Diese Gesellschaft ist soweit, dass 13jährige berechtigterweise Existenzangst haben. Und da stellen sich Leute hin und sagen, sie verstehen nicht, wie es zu derartigen gegen die Gesellschaft unternommenen Ausbrüchen kommt? Damit bestätigt man den Verdacht der Bedrängten, sich ignoriert, sich in ihrer Subjektivität ungeachtet zu fühlen.

Wenn jemand anständig auf diese Amokläufe reagieren möchte, dann bitte nicht, indem er Johannes Rau zitiert. Sorgen Sie sich um die Frage: Was macht diese Gesellschaft für ihre Nachfolger? Was bietet sie ihnen an? Was mutet sie ihnen zu? Was ist in der städtischen Politikausrichtung für sie vorgesehen, was nicht? Wäre ich wohl ein zufriedener Mensch, wenn ich unter den Bedingungen eines sozialschwachen Mitglieds dieser Gesellschaft aufwachsen müsste? Wieviel gibt meine Stadt für Jugendarbeit aus und wieviel für die Wirtschaftsförderung? Ich will keine bestmmte Antwort hier hören, ich will nur, dass Leute sich solche Fragen stellen. Man kann die gefühlten Verlierer nicht mit Ignoranz ihrer Probleme vergüten dafür, dass sie nicht zur Waffe greifen.

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