neue panikhochrechnungen von frau von der leyen

Ich habe vor wenigen Tagen schon mal dargestellt, dass die Hochrechnungen der Bundesregierung so wirr sind, dass Mitglieder der Bundesregierung selbst diese Zahlen nicht verstehen und frei nach Schnauze verwenden. Ursula von der Leyen präsentiert nun die nächste Zahl, die mit den bisher angeführten 450000 täglichen oder jährlichen Klicks nicht ganz zusammenpasst.

Dieses Mal ist unser Rechengenie auf 2,5 Millionen deutsche Internetnutzer gekommen, die zufällig schon einmal auf einer kinderpornografischen Internetseite gelandet sind. Wie gesagt: Einfach mal hochgerechnet als Ersatz für irgendein handfestes Argument. Mit derselben Rechtfertigung könnte man zur Panikmache einmal hochrechnen, wie viele Internetnutzer in Deutschland in den kommenden 50 Jahren wohl zufällig mal auf eine kinderpornografische Seite gelangen.

Man kann diese Panikmache noch höher treiben. Folgt man den seltsamen Denkwegen von der Leyens, dann erzeugt das reine Betrachten kinderpornographischen Materials ein Suchtverhalten. Vielleicht rechnet man bei der CDU bald mal aus, wie viele Deutsche sie künftig vor dem umgeschützen Fall ins Psychopatendasein geschützt haben wird.

Weiterlesen

journalismus als teil der klassengesellschaft

In Rouvens Blog habe ich mich doch noch zum stark kritisierten Artikel Das Netz als Feind von Adam Soboczynski Stellung genommen. Da meine beiden Kommentare aneinandergereiht schon wieder einen eigenen Artikel darstellen, veröffentliche ich das ganze hier noch einmal:

Sobocynski kämpft mit seinem Artikel offenkundig für die Intellektuellen und vorgeblich auch für Aufklärung, und unterstellt dabei gleichsam, er selbst sei intellektuell und aufgeklärt. Das ist eine typische Journalistenkrankheit. Intellektualität und Aufgeklärtheit wird unterstellt, nicht unter Beweis gestellt. Dass Intellektuelle gesellschaftlich unter Wert geschlagen werden, ist eine Annahme Sobocynskis, die ich korrekt finde, aber das ist keine Neuheit, die das Netz hervorgebracht hätte. Es dem Netz anzukreiden ist also einseitig. Warum Soboczynski nun für Artenschutz für Intellektuelle eintritt, ist dem Leser ebenso zunächst unklar.

Soboczynski meint, die Netzaktivisten missverstünden Demokratie, indem sie Wertinstanzen für Internettexte missachteten: Weder die Übertragung von Souveränität auf Vertreter [haben diese] im Blick noch robuste Institutionen, die Partizipation strukturieren und begrenzen. Was er da aber beschreibt ist repräsentative Demokratie. Er verwechselt also direkte Demokratie mit repräsentativer, und unterstellt den angeblichen Befürwortern direkter Demokratie im Internet rein utilitaristisch (Mehrheitsprinzip nach marktwirtschaftlichem Vorbild) zu sein. Mit dem Begriff der Demokratie so umzuspringen ist nicht intellektuell, das ist chaotisch. Warum sollen jetzt solche Chaoten besonders schützenswert sein?

Ich glaube aber gar nicht, dass es Soboczynski um Intellektuelle geht, eher um Leute, die sich für Über-Menschen Nietzscheanischer Prägung halten. Was will denn dieser Schreiberling genau? Er will, dass Zeitungen auch im Internet Instanz, d.h. Gerichtshof, politischer Auseinandersetzungen sind, weil das angeblich demokratisch sei. Stimmt überhaupt nicht. Erstens sind Zeitungen keine demokratische Instanz, sondern nur Medien. Zweitens ist es sachlich falsch, sie derart als vierte Gewalt im Staate zu betrachten, was nur ironisch-metaphorisch sinnstiftend ist.

Diese Möchtegernstellung bleibt durch die Blogger und Twitterer natürlich etwas ungeachtet, weil diese selbst über ein in seiner Gesamtheit größeres Netzwerk von Publikationsplätzen verfügen. Diese zu benutzen, ist aber keineswegs ein Verstoß gegen Demokratie.

Soboczynski befürchtet, dass die Klasse, der er angehört untergeht. Sein Vorhaben ist nichts anderes als Anti-Aufklärung vorgetragen im Mantel der Aufklärung. Allen den Kampf zu erklären, die sich im Internet äußern ohne ausgebildete Journalisten zu sein, ist ein heilloses Unterfangen. Solche Journalisten, die glauben, Blogger ließen ihre Felle davonschwimmen, braucht niemand. Wenn deutsche Blogger weiterhin gegen so einen Unfug anschreiben, spricht das für sie.

Weiterlesen

die katholische kirche, hitler und das grundgesetz

Es gibt auf der Internetseite der Katholischen Kirche Deutschlands einen ganz interessanten Artikel zur Rolle der Katholischen Kirche bei der Verabschiedung des letztes Wochenende so gefeierten Grundgesetzes. Der Artikel ist nicht völlig verklärend, aber er unterschlägt eigentlich, dass das Grundgesetz nur durch zwei geschichtliche Erpressungen zustande gekommen ist.

Zunächst einmal liessen sich die deutsche Zentrumspartei, Vorgängerin der CDU, die Partei des politischen Katholizismus und die Bayrische Volkspartei 1933 von Hitler erpressen, für ein Konkordat dem Ermächtigungsgesetz zuzustimmen. [1. In der Quelle ist die Rede von überreden, was ich für ziemlich euphemistisch ausgedrückt halte. ]

Das Reichskonkordat sieht u.a. folgende Dinge vor: Der Staat erhebt Kirchensteuern; in Schulen findet christlich-dogmatischer Unterricht statt[2. Auch hier: Die Bezeichnung Religionsunterricht ist inhaltlich falsch, denn es wird ja nicht eine Lehre über die Religionen der Welt gegeben. Mehr dazu: Georg Geismann Heranwachsende über ihre Enscheidungsmöglichkeiten aufklären ]; die Garantie der Militärseelsorge; die, wohl gemerkt staatliche, Einstellung von Religionslehrern nur durch Zustimmung durch den Bischof; die Garantie theologischer Fakultäten an Universitäten; die Abschaffungen von Staatsleistungen an die Kirche „nur in freundlichem Einvernehmen“.

Das kommt einem Leser nicht von ungefähr bekannt vor, denn das Reichskonkordat von 1933, der moralisch verwerfliche Pakt mit Hitler, gilt heute noch:

Bei der Erarbeitung des Grundgesetzes wurden Stimmen laut, sich von allem Übel der Vergangenheit zu lösen, d.h. auch vom Reichskonkordat. Und hier nun, und diese Streitigkeit wird auf der Seite der Katholischen Kirche gar nicht ausgeklammert, erpresste die Katholische Kirche ihrerseits den deutschen Staat: Man wolle die Zustimmung verweigern, man würde die Massen mobilisieren, wenn man das Konkordat verliere. Den Liberalen und der SPD, die gegen das Konkordat waren, warf man vor, man riskiere den Vorwurf, «in der schlimmsten Notzeit des deutschen Volkes gegen dessen Interessen gehandelt zu haben».

So gesehen hat die Katholische Kirche Hitler weit mehr zu verdanken, als ihr lieb sein kann.

Weiterlesen

der bekehrer von heise

Einen sehr wirren Artikel zum Verhältnis von Naturwissenschaft und Religion hat Peter Monnerjahn da bei Heise veröffentlicht. Seiner Meinung nach habe der Berliner Bischof Huber „einen großen Schritt zwischen Gläubigen und Naturalisten“ gemacht, er habe erklärt, warum es in diesem Universum keinen Gott geben kann. Ein Schritt, so Monnerjahn, der leider bisher „von der Welt“ kaum beachtet worden sei.

Naja, vielleicht könnte das daran liegen, dass Huber diesen Schritt gar nicht gemacht hat. Überhaupt ist rätselhaft, weswegen „Naturalisten“, und ich glaube, darunter versteht Monnerjahn im ersten Sinne Biologen, und Religiöse als die einzigen Fronten in dieser Diskussion vereint werden sollen. An dieser Rivalität soll sich wohl nach Monnerjahn die Gottesfrage entscheiden. Warum? Weil Monnerjahn wohl nicht mehr auf dem Schirm hat. Er identifiziert Richard Dawkins als Biologie-Heilsbringer, der über den angeblichen Schritt Hubers hocherfreut sein [müsste], diese ersten Zeichen eines echten ökumenischen Geistes zu sehen. Das scheint nach Monnerjahn also das große Ziel zu sein, zu dem die Naturalisten streben. Wenn die Religiösen jetzt zugeben, dass Gott nicht gegenständlich ist, nach Monnerjahn: nicht mit Vernunft entscheidbar, dann können die Biologen Glauben als psychisches Phänomen abstempeln, und alle sind glücklich. Schon an der Stelle, an der Monnerjahn Huber unterstellt, dieser erkläre, warum Gott nicht im Universum vorkomme, und dass Gott nicht real, d.h. wirklich, sei, missversteht er ihn vorsätzlich, da Huber davon ausgeht, Glaube richtet sich auf die Wirklichkeit Gottes, die Raum und Zeit umgreift und übersteigt.

Was hat denn der liebe Herr Huber zum Verhältnis von nichttheologischen Wissenschaften, dei den Glauben doch so bedrängen, und Glauben gesagt? Seine Reminiszenz an die nichttheologische Wissenschaft ist der Philosoph Immanuel Kant. Und dessen Argumentation über die theoretische Beweisbarkeit Gottes aus der Kritik der reinen Vernunft wiederholt er eigentlich nur: Gott ist theoretisch für Menschen nicht beweisbar. Man braucht also keinen Hoffnungen in die Biologie, Chemie oder Physik zu setzen, dass von dort Erkenntnisse über Gott kämen. Das heisst allerdings weder, dass Gott nicht beweisbar ist, wie Monnerjahn es gerne hätte, noch, dass Kant die Kritik der reinen Vernunft geschrieben hätte, damit der Begriff Gottes als der alles umfassenden Wirklichkeit überhaupt wieder zur Geltung kommen kann. Hubers Zweckunterstellung des Kantischen Buches ist gänzlich aus der Luft gegriffen.

Mit der Kritik der reinen Vernunft wollte Kant die Metaphysik als Wissenschaft etablieren. Das ist eine Wissenschaft, die die Möglichkeit synthetischer Sätze a priori, d.h. Sätze, deren Wahrheitsgehalt nicht die Erfahrung entscheidet, als (rechts-)gültiger Sätze erweist. Für viele Naturwissenschaftler ist hier schon das Buch zu, weil all ihre eigenen Sätze nur solche sind, denen die Erfahrung Recht geben muss. Um wissenschaftlich zu ergründen, ob und in wie weit es weitere erkenntnisbringende Sätze gibt, muss man sich eben mit der Philosophie auseinandersetzen. Das tun Biologen und Theologen mitunter ungern, da es erfordert, bereit zu sein, fundamentale eigene Überzeugungen in Frage zu stellen und notfalls über Bord zu schmeissen. Wäre Monnerjahn derart wissenschaftlich unterwegs, hätte er bemerken können, dass dieselben Argumente, die Dawkins in seinem populärwissenschaftlichen Buch The God delusion vorbringt, schon bei Nietzsche zu finden sind. Man sieht leicht: Dieser Streit ist schon vor Jahrhunderten mit mindestens gleichwertigen Argumenten geführt worden.

Was Huber in Abgrenzung zu Kant meint, könnte noch eine interessante Frage sein. Scheinbar fällt ihm zu Kant nur die Kritik der reinen Vernunft ein und nicht ein Buch wie Die Religion innerhalb der Grenzen der reinen Vernunft. Nach Kant ist Religion ein Folgegedanke des ethischen Denkens des Menschen, nicht umgekehrt rechtmäßiges ethisches Denken ein Folgegedanke der Lehre einer Religion, so wie es die katholische Kirche annimmt. Nach Kant soll man selber denken, nicht irgendwelche Moraltafeln von jemand anders übernehmen und denen blindlinks vertrauen.

Vollkommen konträr zu Kant wird Huber zumindest, wenn er sagt: Gerade weil sich das Ziel, um dessentwillen die Welt entstand und das Leben sich auf der Erde bildete, nicht aus den naturwissenschaftlichen Einsichten selbst erschließt, brauchen wir einen Zugang zu dem Sinn des Ganzen, der den Raum des unserem Wissen Zugänglichen überschreitet. Huber geht von einem Wissen aus, dass beinhaltet, die Welt sei mit einem Ziel ausgestattet und es gäbe so etwas wie einen Sinn des Ganzen. Woher weiß Herr Huber, denn an dieser Stelle scheint er ja nicht lediglich zu glauben, woher weiß er von dieser Zielausrichtung?

Den Dingen Zwecke, Ziele zu unterstellen, ist nach Kant eine Wesensausstattung des Menschen. Nach Kant ist es möglich, dass die Wirklichkeit als einem subjektunabhängigen Wahrheitszustand anders aussieht als Menschen, die an ihre subjektiven Vorstellungsveranlagungen gebunden sind, denken oder glauben. Kurz: Es kann falsch sein, bestimmten Dingen einen Zweck zu unterstellen, so wie Huber der Welt einen Zweck unterstellt. Dennoch ist der Mensch zu ethischem Handeln verpflichtet. Mir scheint: Nach der Huberschen Auffassung wird davon nicht ausgegangen. Nur der Umstand, dass Gott es angeblich gut meint mit der Welt, ergibt es, dass Menschen gut, d.h. sich an ethischen Maßstäben orientierend, handeln sollen. Ohne Gottesvorstellung keine Ethik. Das sieht Kant anders: Ethik wird ohne Gottesvorstellung konzipiert. Ethisches Handeln kann auf eine Gottesvorstellung angewiesen sein.

Weiterlesen

deutschland sucht den grüß-august

Bedeutungsschwangere Fragen stehen heute auf dem Tagesprogramm, und sogar gleich 3 davon: Wer wird deutscher Fußballmeister? Wer wird deutscher Grüß-August? Und was gibt es zu feiern, wenn das Erstellen eines Regelwerkes 60 Jahre her ist? Ich weiss nur, dass um alles ziemlich viel Tamtam gemacht wird und es noch unklar ist, ob eines davon so spektakulär wird, dass man lange Zeit später noch davon redet.

Gut, ich gebe zu, wenn Gesine Schwan Grüß-Augstine wird, das hätte was. Deutschland wäre in den höchsten politischen Positionen durch zwei Frauen repräsentiert. Für diese Maßnahme dürfte der blasse Köhler schon mal weichen. Weiter interessiert mich das Präsidentenamt allerdings auch wenig, sehr wenig.

Ob Stuttgart, München oder Wolfsburg Meister wird? Interessiert mich wenig, aber okay, dass der Meistertitel mal nach Niedersachen geht, das fände ich gut. Es ist ja immerhin auch schon wieder 40 Jahre her, dass da mal eine Meisterschaft hinging.

Am wenigsten interessiert mich ja da noch das Feiern von Gesetzen. Das Grungesetz sollte doch eh‘ nur ein Provisorium sein für den Zustand, dass beide deutsche Staaten dereinst wieder zusammenfinden. Heute das Grundgesetz zu feiern, klingt mir irgendwie nach dem Feiern einer gelungenen Okkupation. Da hätte man doch drüber reden können. Aber 20 Jahre diesen Gedanken ignorieren, naja, aus diesem Umstand ergibt irgendwie keine Partylaune. Verstehe schon.

Regional gesehen interessiert die Menschen in Westfalen da ja schon eher, ob Dortmund in den Europapokal einzieht und ob Bielefeld wohl heute noch direkt absteigt. Dazu ist es nun wirklich schwierig, etwas zu prognostizieren. Da bleibt mir nur, das Geschehen gespannt zu verfolgen.

Aktualisierung
Naja, Bielefeld abgestiegen, der BVB nicht im internationalen Geschäft, Köhler weiterhin Grüß-August. Also in die Luft springe ich nicht bei diesen Ergebnissen. Vielleicht kommt es in der nächsten Saison zum Derby-Osnabrück gegen Bielefeld, das fänd ich bestimmt noch lustig. Mittern rein in diese Nebensachen gerät die Meldung, dass Barbara Rudnik heute morgen den Kampf gegen den Krebs verloren hat. Das ist nun wirklich traurig.

Weiterlesen

maulwurf ante portas

Manchmal, da spielen sich die lustigsten Geschichten doch zuhause ab. Bei meinen Eltern ist vor ein paar Wochen ein Untermieter eingezogen. Besser gesagt: Ein Einmieter untergezogen. Der untere Bereich der Rasenfläche ist das Wohnzimmer eines Maulwurfs. Man bemerkt den ungebetenen Gast nur dadurch, dass allmorgendlich ein neuer Maulwurfshügel die Gartenansicht bereichert.

Diese Windmühlen Hügel haben meinen Vater auf den Plan gerufen. Man kann den Rasen zwar nicht im Ansatz einen englischen Rasen nennen, aber so ein Maulwurf mit seinen Ausgrabungen, der wurmt schon. Und so zog mein Vater in den Krieg. Da wurden Buddeltunnel geflutet, Flaschen eingegraben, der Rasen mit Forken durchstochert und Haufen plattgetrampelt. Das Resultat war leider suboptimal: Der Maulwurf störte sich an nichts. Ich weiss noch nicht einmal, ob er Notitz genommen hat von all dem Radau an der Erdoberfläche. Aber so ist das halt in Deutschland: Ist der Mieter erst einmal eingezogen, dann bekommt man ihn kaum noch raus.

Meine Familie ist natürlich so putzig, mir erstmal nichts von dem Untermieter zu erzählen. Deswegen war ich leicht überrascht, als ich zum ersten Mal meinen Vater vorm Frühstück in den Garten rauslaufen sah, mit einer Spitzhacke bewaffnet, und kurze Zeit später energisch auf den Rasen einprügelnd.

Man gewöhnt sich daran. Jeden Morgen also, wenn sich ein neuer Maulwurfhaufen auf dem Rasen finden lässt, rennt mein Vater zum Rasenprügeln nach draußen. Hoffnungsvoll, ergebnislos, aber unnachgiebig. Der Szenerie wohnt schon ein Hauch von Weltliteratur inne, wenn mein Vater nach getaner Arbeit die Stufen zur Terasse zurückschreitet, sich noch einmal umwendet und wie Käpt’n Ahab den Blick über die weite Rasenfläche schweifen lässt. Als wäre es möglich, dass sein Intimfeind an der Oberfläche auftaucht und sich zu erkennen gibt.

Sehen Sie in meinem Vater bitte keinen Vandalen. Das hat alles seine Richtigkeit. Arthur Schopenhauer hat einmal ausgeführt, dass man eine Mücke töten darf, wenn sie durch ihr Gesäusel dem Menschen tierisch auf die Nerven geht. Die psychische Befindlichkeit eines Menschen ist als Ausdruck einer höherer Entwicklungsstufe relevanter als das Weiterlebensrecht einer Mücke. Bei so einer Sachlage müssen sich Maulwürfe warm anziehen.

Nachdem die bisherigen Techniken nicht anschlugen, half ein Freund und wohl begnadeter Maulwurfjäger weiter. Er lieh Vattern folgenden Gegenstand aus:

DSCF0364

Was hier aussieht wie eine Flughafenlandebeleuchtung ist ein solarbetriebenes Multifunktionsmaulwurfverscheuchungsgerät. Es sendet diverse Signale, negative Schwingungen, Quietschtöne, Flüche und Verwünschungen aus. Und bestimmt kann man irgendetwas an ihm auch noch in PS angeben. Harrr, harrr, harrr. Jeder richtige Mann sollte so ein Ding sein Eigen nennen.

Feierlich wurde diese Speerspitze menschlicher Erfindungskunst gestern Abend in den neuesten aller Maulwurfshügel gepropft und festgedrückt. Beseelt ging mein Vater schlafen und schlief so gut wie lange nicht mehr.

Und wie reagiert der gemeine Maulwurf nun auf diese professionell erarbeitete Finte?

Der gräbt sich noch einmal durch den Gang zum letzten Hügel, stuppst so lange gegen das feindliche Gerät bis es immer höher rutscht, aus dem Hügel fällt: Die Solar-Rezeptoren bekommen keine Sonneneinstrahlung mehr, wodurch sich die Batterie entläd, das Gerät nach einer Weile seinen Geist aufgibt und endlich Ruhe ist. Scheint nicht viel von Schopenhauer zu halten, so ein Maulwurf.

Meinem Vater geht es derweil auch ganz gut. Aufgeregt stürmte er eben ins Wohnzimmer, benachrichtigte mich: „Da draußen ist ne Ratte!“ und verschwand im Hobby-Keller. Bestimmt auf der Suche nach so einer vollelektronischen Solar-Tröt-Ratten-Vertreibungsmaschine. Die soll ja wahre Wunder helfen.

Weiterlesen

40 jahre uni bielefeld, quo vadis?

Die Bielefelder Universität wird in diesem Jahr 40 Lenze alt. Grund genug für die Universitätsleitung, ein Fest zu planen. Dazu hätte man gerne auch eine geistige Auseinandersetzung, eine gewisse Zierde eben. Es wäre doch schön, wenn sich ein Redner fände, der die Frage klären könnte: Was ist eigentlich der Sinn dieser Universität?

Sowas könnte ein Philosoph behandeln, aber ob sich in der hauseigenen Abteilung jemand findet, der dazu sprechen möchte, ist wohl noch offen. Vor kurzem hat Jürgen Mittelstraß in Bielefeld über die universitätsinterne Rolle der Philosophie gesprochen. Auch kein so einfaches Thema. Er nahm Kant zu Hilfe. Das ist vielleicht etwas ungewöhnlich für die Richtung, aus der Mittelstraß kommt, aber es gibt halt auch kaum einen anderen guten Philosophen, der sich damit auseinander gesetzt hat. Dem anwesenden Rektor hat’s wohl gefallen.

Kant setzt sich im von Mittelstraß herangezogenen Buch Der Streit der Fakultäten ebenso mit der Frage nach dem Sinn einer Universität  auseinander. Nun ist das sicherlich, gerade für Fachfremde, keine sonderlich leichte Lektüre. Ich bringe Kants Haltung mal auf den kleinen, aber verständlichen Nenner: Was ist der vorrangige Sinn der Universität? Wahrheitsfindung oder Nutzenmaximierung? Und hier liegt die Bielefelder Crux: Kants Antwort und die, die offensichtlich in Bielefeld beherzigt wird, sind grundverschieden. Vielleicht findet man ja einen Geist, der besser zu Bielefeld passt. Kant ist einfach zu links für Bielefeld.

Der präferierte Gedanke zieht sich bis in die philosophische Abteilung hinein. Dort ist man besorgt über die geringen Master-Studierendenzahlen. Nachdem man dort vernommen hat, ich hätte Studenten empfohlen, nicht in Bielefeld Philosophie zu studieren, wurde ich angesprochen. Ich könne ja ruhig meine eigene Meinung haben, aber ob ich diese nicht für mich behalten könne, wurde ich gefragt[1. Als Studentenvertreter muss man sagen: Nein. Man muss nachfolgende Studenten über kritische Einschätzungen, über Risiken des bevorstehenden Studiums natürlich, möglichst ohne Schwarzmalerei, in Kenntnis setzen; abgesehen davon, dass in diesem Fall die unterstellte Behauptung gar nicht von mir vertreten wurde. ] . Ich bestritt diese Äußerung, wandte mich gegen den Inhalt der Aussage, und fragte nach genauem Wortlaut der Anschuldigung und nach Urheber dieser diskreditierenden Anschuldigung. Dazu erhielt ich keine Antwort. Für wen der Nutzen entscheidend ist, ist eine Wahrheitsanalyse eben manchmal Zeitverschwendung.

5 Mal wollte man mich in diesem Gespräch durch die Aussage Geld ist kein Problem zu irgendetwas motivieren. Als Gewinner dieser Unterhaltung verließ ich das Gespräch sicherlich nicht: In einer Ordnung, in der das Credo Richtig ist das, was Geld bringt vorherrscht[1. Und machen wir uns nichts vor: Selbst bei Bewerbungen für Professuren in der Bielefelder Abteilung für Philosophie ist mitentscheidend, wieviele Drittmittel die Kandidaten in petto haben, Grundgesetz hin oder her. ], werden diejenigen als Spinner angesehen, die ihre Ideale nicht verkaufen.  In der darauffolgenden Qualitätssitzung saßen dann geradezu demonstrativ Studenten ohne eigene kritische Meinung und Ideale. Das war den anwesenden Lehrenden auch irgendwie nicht recht.

Man kann behaupten, der vorhergehende Absatz sei mein Nachtreten, meine Genugtuung oder so etwas. Ich kann nur dagegenbehaupten, dagegenschreiben, dass mein Anliegen ein anderes ist: Mit diesem Absatz wollte ich nur exemplarisch darlegen, was für einige Leute in Bielefeld der Kritik schon zuviel ist. Vielleicht kann man ja daraus einen Universitätsbegriff stricken.

mehr Zur Einführung von Studiengebühren an der Uni Bielefeld: Es muss ein Druck durch Deutschland gehen

Weiterlesen