bemühte mühseligkeiten

Es ist wieder Bachmannpreis. Ich hab mir ja mal vor 3 Jahren den Spaß erlaubt, einen Tag komplett den Lesemarathon mitanzusehen, zumindest das Bild der Lesenden im Hintergrund laufen zu lassen. Denn eines kann man eigentlich gar nicht: Allen Vorlesenden ernsthaft, andauernd und geistig rezipierend zuhören. Dazu sind sie einfach zu langweilig. An Publikum und Rezensenten erkennt man gleich, positiv ist ein vorgestellter Text dann, wenn er unkonventionell, aber doch noch verständlich geschrieben ist und etwas Witz offenbahrt. Österreichische Autoren, diesmal Bodo Hell, dürfen für österreichische Rezensenten auch gerne mal mit österreichisch-langweiliger Kontemplation ihre Texte beschweren und kriegen patriotische Extra-Punkte dafür. Ansonsten ist es wie immer: Autoren beichten, dass sie nichts zu erzählen haben, aber aus eigenem Antrieb trotzdem Bücher in diese Welt entlassen. Nicht nur Handys haben scheinbar die Folge, dass unnützes Gequatsche multipliziert werden, sondern auch Intellektülle [hier sei mal ein Beispiel gegeben], die nicht still sein wollen.

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abstoiber

Der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber hat sich dafür ausgesprochen, schwere Gotteslästerung künftig konsequent und härter zu bestrafen. Wer bewusst auf den religiösen Empfindungen anderer Menschen herumtrampele, müsse mit Konsequenzen rechnen – in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Gefängnis, fordert der CSU-Chef. In der „Bild“-Zeitung kündigte der CSU-Chef eine entsprechende Initiative für den Integrationsgipfel im Juli bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an. „Es darf nicht alles mit Füßen getreten werden, was anderen heilig ist“, sagte Stoiber. Der bisherige Paragraph 166 des Strafgesetzbuches sei „völlig stumpf und wirkungslos“, weil er eine Bestrafung nur dann vorsehe, wenn der „öffentliche Frieden gefährdet“ sei und „Aufruhr“ drohe. Wohin die Verletzung religiöser Gefühle führen könne, habe der Streit um die Mohammed-Karikaturen in diesem Jahr „auf alarmierende Weise“ gezeigt, mahnte Stoiber.

Gottogott, der Stoiber. In der dänischen Presse waren Karikaturen, die Irreführungen aus vermeintlich religiösen Motiven zum Thema hatten [s.a. das Interview mit Robert Gernhardt]. Und abermals hauen unsere Spezies von der Partei mit dem großen C in die gleiche Kerbe. Das ist genau so eine Verwirrung wie die Behauptung unserer Familienministerin, dass die Menschenrechte dank des Christentums enstanden seien, woraus die Folgerung entstand, dass der heutige Moralunterricht an Schulen wieder christlicher werden müsse. Die Menschenrechte mussten gerade gegen die Katholische Kirche Jahrhunderte lang verteidigt werden – aber sowas geht an der Festplatte eines besserwissenden Wohlfühlmoralisten offensichtlich spurlos vorbei.

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wo witz endet

Manche Namen sollte man sich aus bestimmten Gründen merken. Colleen Graffy ist so einer. Diese Dame ist Staatsministerin in den Vereinigten Staaten und tatsächlich der Meinung, dass drei Guantanamo-Häftlinge, die sich nach 5 Jahren unbegründeter Inhaftierung das Leben nahmen, einen „guten PR-Gag“ begangen hätten. Heute meldete sich Thierse und sagte, solche Äußerungen seien an sich schon tadelhaft, und zudem da das Lager an sich schon gegen Kriegsrecht und Staatsrecht verstößt. Implizit, das darf man auch mal formulieren, verstößt es natürlich auch gegen Menschenrechte. Was bei der sich so äußernden Dame aber auch mal gefragt werden darf: Wie kann man seinen Anstand nur so zum Teufel schicken?

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international realistische klobürsten

Jetzt kommen sie wieder zum Zuge, die sprachlich den Fussballtretern entsprechenden Sprachtretern der Öffentlich-Rechtlichen. Steffen Simon (wer mag ihn nicht nicht?) hat schon vorgelegt mit „Willkommen in der internationalen Realität, Herr Odonkor.“ Dieses unermütlich um Sprachwitz bemühte, dabei aber jederzeit hilflos scheiternde Anrennen gegen die Limitation der eigenen Sprachbeherrschung kann man bald als wissenschaftlichen Zweig verselbständigen. Gerne also diese WM mal wieder was wie Thomas Warks Bemerkung über Axel Kruse: „Er hat in Rostock mehrere Pferdchen laufen.“ oder Béla Réthys „Das da vorne, was aussieht wie eine Klobürste, das ist Valderama.“ Wir freuen uns…

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lahm müßte schießen, lahm schießt…

Gestern ging sie los, die Fussballweltmeisterschaft in unserm schönen Ländle. Unsereins sitzt im Café, Spiel soll starten und plötzlich: Stille. Allüberall nur unerklärte Stille. „Was ist denn los?“ frage ich, „Strom ausgefallen? Kein Ton mehr? Was ist denn da los?“ – „Pssssssschhhhht!“, rempelt mich jemand von hinten an, „Psssschht! Is ne Gedenkminute für Drafi Deutscher!“ Etwas verdutzt schauste da schon drein, rechne mal mit sowas, oder war’s doch nur Veräppeln? Aber hey – Fussballer, da ist alles möglich, also lieber im Zweifelsfall mitschweigen als seines Andenkens nicht gedenken. Aber a propos: Nu wo er mal weg ist, sei es doch noch gesagt: Marmor Stein und Eisen brechen nicht bricht!!!.

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ohne worte

Heute morgen bin ich mit Blümkes in der Hand Stadtbahn gefahren. Man denkt ja gar nicht, was man als Mann plötzlich an Aufmerksamkeit gewinnen kann nur duch das in der Hand halten eines metaphorisch aufgeladenen Gegenstands – unfassbar. Bügelt man sich das Hemd extra, kauft man neue Schuhe, zieht man das Sonntags-Sakko an – nix. Aber kaum ein paar Stengel in den Flossen – buff. Und dabei schaut man nur etwas gedankenverloren eine Rose an. Okay, merke grad, war wohl ne tierische Provokation, tschuldigung.

Lebbe geht weider. (Dragoslav Stepanovic)

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die welt ist schwarz

In einem brennenden Fabrikgebäude ist am Freitag ein Feuerwehrmann verbrannt. Er hat die Orientierung verloren beim Rückzug aus dem Gebäude. Das ist die sachlich-technische Erklärung. Niemand erklärt den Rest. Muss man ins Innere eines Feuers? Ich ziehe die Frage zurück. Die Realität ist schmerzhaft, unfassbar, bitter, traurig und unfair. Es ist passiert, was nie hätte passieren dürfen. Jemand ist gegangen, der noch lange nicht hätte gehen sollen. Der Mann war ein Bekannter und die Welt erscheint so grausam, wie sie nur sein kann.

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liebe(s)gewohnheiten

Gestern saßen wir beim Bierchen vor der Uni und ich erzählte so von den ausgefeilten Spionageunternehmungen, die Männer ansetzen, um mehr über ihre Angebetete zu erfahren, bei der sich noch nichts ergeben hat. Also sie suchen in Telefonbüchern nach gleichklingenden Namen, googeln, passen die Laufwege der Herzallerliebsten ab, ziehen daraus Schlüsse über ihre Alltagsgewohnheiten usw.usf. In der Runde bekam ich männliche Zustimmung und auch die Schienen, die so gefahren werden, waren allseits bekannt und so schwelgten die Männers in schmunzelnder Erinnerung an kühne Taten.

Da meldete sich ein weibliches Wesen und erwiderte: „Naja, sowas haben wir früher auch gemacht. Adresse rausfinden, unter Klassenkameradinnen Infos austauschen und mit dem Fahrrad vorbeifahren, ob er da ist und so…“

Woraufhin ein männlicher Sachverständiger allerdings trocken den Unterschied festnagelte:

„Ja … aber wir machen das heute noch…“

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