alina bronsky – die schärfsten gerichte der tartarischen küche

Dies ist der zweite Roman von Alina Bronsky nach Scherbenpark. Er handelt von einer tartarischen Mutter, die in Zeiten der Sowjetunion groß geworden ist, von ihrem Mann verlassen wird, dann in der Ausreisemöglichkeit nach Deutschland eine Entwicklungschance sieht, wobei sie nicht merkt, wie sie ihre Familie überfordert und ins Unglück stürzt. Der Leser hätte nun gern noch erfahren, wieso das überhaupt so ist, d.h. wieso ihr Charakter so verblendet religiös nutzenorientiert ist, ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer nehmen zu können. Ohne diese Auflösung ist das Buch ein Spiegel, der russischen Frauen vorgehalten wird. Schon oft so und so ähnlich gehört und gelesen, aber vielleicht gut, dass es hier nochmal zwischen Buchdeckel gepackt wurde. Das Temperament, von dem im ersten Buch die Rede war, ist hier nicht enthalten. Und bei Bronsky weiß ich gerade nicht, wohin die Reise gehen soll, denn das aktuell neu erschienene Jugendbuch werde ich wohl nicht in die Hand nehmen, das hat eine andere Zielgruppe.

Weiterlesen

erich kästner – fabian

Angeregt durch fluter habe ich das erste Mal Erich Kästner gelesen. Bislang kannte ich nur Verfilmungen seiner Bücher. Fabian ist ein Anfangsdreißiger in den Dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Ein moralischer Springinsfeld, der sich nicht auf die niedergehende Zustände seiner Zeit einlassen kann. Das Buch ist eine Zustandsbeschreibung der damaligen Zeit und man kann sie sehr gut auf die heutige Zeit beziehen, was trotz all der modernen Technologisierung doch etwas überrascht. Irgendwie halte ich den Roman nicht für ganz rund, aber es stört mich nicht weiter.

Weiterlesen

agatha christie – die morde des herrn abc

Ich habe ja noch nie diese alten Krimiklassiker gelesen, von irgendwelchen Anlesungen Sherlock Homes’ mal abgesehen. Insofern wollte ich dem mal nachkommen, schließlich schlummern noch diverse englische Orginale von Agatha Christie irgendwo in meinem Bücherschrank. Die Morde des Herrn ABC ist ein netter, atmosphärischer Krimi, der vielleicht etwas überrascht, den man als Leser selbst aber nicht lösen wird. Man liest mit, löst aber nicht mit. Ganz nett, wenn man mal ohne großartiges Grübeln und Nachdenken was zu schmökern zur Hand nehmen möchte, mitfiebern sitzt aber nicht drin.

Weiterlesen

tim binding – cliffhanger

Dieser Kriminalroman wurde in England nur unter dem Pseudonym T.J. Middleton veröffentlicht. Nicht wundern also, wenn man unter dem Titel der deutschen Ausgabe nichts in englischer Originalsprache findet.

Cliffhanger ist eine charmanter Krimi mit typisch britschem Humor, dabei nicht so steif, wie einige Verfilmungen englischer Krimis geraten sind. Anfangs hat die flapsige Geschichte was von Ingrid Noll, wenn man solche Vergleiche zulassen möchte. Im weiteren Verlauf plätschert das Buch leichtfüßig vor sich hin und ist am Ende vielleicht etwas lang geraten. Aber das sei der amüsanten Handlung einfach mal verziehen.

2011 folgte der Nachfolgekrimi Fishnapping, der besser nicht zuerst gelesen werden sollte.

Weiterlesen

arno geiger – der alte könig in seinem exil

Dieses Buch ist eine melancholisch anrührende Biographie eines Sohnes über seinen dementen Vater. Arno Geiger vollbringt den Drahtseilakt, den Lebensabend seines totkranken Vaters sprachlich, sachlich und persönlich angemessen reflektiert zu schildern ohne kitschig zu werden. Auch wenn manbeim Lesen keinen ungemein genauen roten Faden ausmachen kann, gelingt Geiger ein fesselndes Portrait.

Weiterlesen

ralf bönt – icks

10 Jahre nach der Veröffentlichung von Icks wird es nun als Taschenbuch herausgegeben. Ich weiß gar nicht, warum. Vielleicht, weil es derzeit kaum ähnlich gute Schriftsteller wie Ralf Bönt gibt. Dabei ist Bönt auch schon nicht so bekannt.

Der Ich-Erzähler des Romans trifft während eines Flugs nach Amerika auf einen 33jährigen Arbeitslosen, der in einer Mischung auch ich und der persönlichkeitslosen Variablen x Icks genannt wird. Icks hat in theoretischer Physik promoviert und gerade seine Heimatstadt besucht, was völlig deprimierend war. Denn diese Stadt war Bielefeld. Eine Stadt, die den jungen Mann so belastet, dass er sie nicht beim Namen nennt, weil es der deutsche Inbegriff bedrückender Provinzialität sei.

Das eigentliche Thema des Buches ist dann doch, wie verbittert den 33jährigen sein Ausbildungsweg gemacht hat, der in keiner Erfolgsgeschichte endete, was in Ansätzen wohl biographisch zu Bönt aufgefasst werden kann. Die Sprache ist wütend und die Sätze sind mitunter ausufernd lang. Wem das nichts ausmacht, den erwartet ein lehrreiches Stück darüber, wie sich jemand, wenn auch schwarzmalerisch, nicht unterkriegen lassen will.

Weiterlesen

paul torday – the irresistible inheritance of wilberforce

Also, dies ist ein gutes Buch, kein angenehmes, ein eher bedrückendes, schweres Buch. Wer es lesen möchte, sollte sich um des besseren Eigenleseeindrucks vielleicht nicht weiterlesen. In der deutschen Übersetzung heißt das Buch „Bordeaux“.

Geschrieben ist die Geschichte so schlicht, wie ihr Held gestrickt ist: Es gibt keine Überraschungen, keine Ironie, keine doppelten Böden, also nichts von dem, was „Lachsfischen im Jemen“ auszeichnete.

Man kann diesen Roman ganz leicht missverstehen, wenn man wie Felicitas von Lovenberg annimmt, es sei so etwas wie sein Vorgänger: Lustige Popkulturunterhaltung. Das ist es gerade nicht.

Aber Namedropping allein macht noch keinen Weinkenner und Tragik noch keinen Romanhelden.

Der Held des Buches, Francis Wilberforce, ist ja auch kein sonderlich guter Weinkenner, das ist ja gerade der Witz. Der Held ist ein verkannter, opportunistischer Soziopath, der sich zu Grunde säuft. Und die Personen in seinem Umfeld ahnen das bis auf den Ex-Freund seiner Frau nicht:

I don’t know why I asked him. I know nothing about him than when I first met him. He seems to have wandered into our lives from nowhere. He’s Mr Nobody.

Sein Mitunternehmensinhaber Alex bringt etwa in der Mitte das Problem mit dem meist nicht mit Vornamen betitelten Wilberforce zur Sprache:

You know, when they put you together, Wilberforce, they left something out. I don’t know what it is, but something’s missing in you. You’re not normal. I should have seen it before.

Aber was fehlt? Das muss sich der Leser zusammenpuzzeln, will er nicht oberflächlich enttäuscht durch die Lektüre werden wie Frau Lovenberg.

Angelegt ist das Buch in Rückblicken auf das Leben von Wilberforce, sofern es seinen Niedergang erklärbar macht. Was fehlt Wilberforce fehlt ist Mitgefühl mit anderen, das Sich-hinein-versetzen-können in andere. So kann er keinen Unterschied erkennen zwischen Freundschaft und oberflächlicher Bekanntschaft. Er entwickelt keine tieferen Gefühle, auch nicht zu seiner Frau. Als er deren Ex-Freund über sich reden hört, begreift er seine oberflächliche Wirkung als Chance, sich anderen gegenüber als verstellt, als Rolle zu präsentieren. So wird er mal hier mal dorthin getrieben und erliegt irgendwann dem Alkohol, den er als von anderen unerkannte Wissenschaft begreift. Ein deutscher Weinkenner weist ihn auf die Gefahr der vermeindlichen Weinkennerei hin:

Be careful. It is good to like wine; it is acceptable to love it, as I do; but what Francis feels for wine is beyond love. You must be careful to stop at liking. Even loving is a little dangerous.

Aber das Ziehen einer Grenze findet bei Wilberforce gar nicht statt. Und das endet für jemand anders tödlich.

Weiterlesen

michail bulgakow – der meister und margarita

Der Tod ist in Moskau angekommen, heißt dort Voland, will das Böse und schafft das Gute und übt so Druck aus auf Personen, die mit seelischen Krankheiten, der Schaffung von Kunst und der Religion zu schaffen haben. Der Roman ist ein ziemlicher Höllenritt, der vielleicht nicht unbedingt fesselt, aber die Aufmerksamkeit des Lesers braucht, da von dauernd von der einen in eine andere Situation gestolpert wird. Mir fehlt wohl noch das geschichtliche Verständnis für die Geschichte, ansonsten war es gut, wenn auch irritierend, zu lesen.

Weiterlesen

martin suter – allmen und die libellen

Ach Gottchen, das ist auch schon wieder 14 Jahre her, dass ich das letzte Mal was von Martin Suter gelesen habe. Small World fand ich damals doch sehr behäbig. Mit Allmen und die Libellen geht es mir da ganz ähnlich: Der erste Teil dieser Kriminalgeschichtsreihe ist zwar sprachlich ansprechend geschrieben, aber Spannung entsteht so wenig wie bei den Prisma-Krimis und die Charakterzeichnungen sind schablonenhaft.

Weiterlesen