martin gülich – was uns nicht gehört

Sex, so die Antwort des Buches von Martin Gülich auf den Titel. Wieso, warum, weshalb wird nicht geklärt, das Leben schliddert an allen Personen im schnell durchlesbaren Buch vorbei. Und so schliddert allerdings die wohlformulierte Geschichte etwas am Leser vorbei, hinterlässt aber mit dem Bulli-Abenteuer und der Gesangseinlage im Altersheim vielleicht Spuren. Das Buch selbst habe ich im Cash & Raus entdeckt, enttäuscht hat es mich nicht.

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epistoliophobie

Den Begriff gibt es nicht als Fachterminus. Ich weiß nicht mal, ob man ihn so zusammen setzt. Jedenfalls meine ich die Angst vor schlechten Nachrichten via Brief, E-Mail oder Voice Mail, nicht einfach die Angst vor schlechten Nachrichten. Sowas sollen ja auch Einige haben.

Voice Mail Phobie hatte ich auch. Da habe ich gesehen, dass irgendwer mir irgendetwas auf meine Voice Mail Dingsbums gesprochen hat und ich wollte mir das ums Verrecken nicht anhören. Ich hatte die Erfahrung, dass man quasi in Geiselhaft genommen wird durch derartige Anrufe, indem der Anrufer elendig weit ausholt, irgendwelche Vorwurfe oder Aggressionen unterbringt und man kann dem nichts entgegnen, man hört ja gerade eine Aufzeichnung an. Deswegen habe ich vor Jahren schlicht die Anrufbeantworterfunktion abgestellt.

E-Mail-Phobie kenne ich auch. Ich habe es mir zumindest in Zeitung erwartbar unangenehmer Post zur Regel gemacht, überhaupt nur bis Nachmittags E-Mails abzurufen. Dass hat enorm entspannende Wirkung, gerade wenn man sich abends nicht über andere Leute aufregen möchte.

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marcel beyer – flughunde

Das Buch habe ich kurz nach Erscheinen in den 90ern gekauft, allerdings ob der Sprache nach wenigen Seiten weggelegt. Nun habe ich es endlich geschaft, es zu lesen, und bereue es nicht, auch wenn es sprachlich nicht unbedingt fesselnd ist.

Dafür entschädigt die Geschichte des Wachmanns und Geräuschaufnehmers Karnau, der Ende April 1945 auf die Familie Goebbels trifft, von denen die älteste Tochter ihre letzten Tage erzählt, ungemein.

Bei der FAZ gibt es eine Rezension eines Schreibers mit dem Kürzel azz, die ich empfehle. Sie gipfelt in der folgenden, überdenkenswerten Interpretation:

An dieser Stelle, wo Karnau bereits schuldig geworden ist; wo er den anderen versehrt hat, um die Wahrheit zu finden: Das ist der Moment, wo er eines nachts von Rilkes Urgeräusch träumt. Von der Grammophonnadel auf der eigenen, offengelegten Schädelnaht. In das Geräusch der ersten Knochensplitter mischt sich ein Knattern. Ein absurdes Geräusch: Karnau versteht nichts. Es gibt nichts zu verstehen. Es ist nur die Schuld, die als einziges bleibt.

Leseempfehlung.

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lokalwettbude

Wir haben ja in unserer Straße so ein, zwei Geschäfte, denen eine klare Geschäftsidee irgendwie fehlt. Eins davon ist die Wettbude. Da war zwar vorher auch eine Wettbude drin, aber die Schreiben waren verdunkelt, man konnte außer durch die Eingangstür nicht reinsehen. Die Nachfolgewettbude ist frei einsehbar. Und deswegen sieht man auch, dass da bislang viel vorhanden ist, so auf Sportkanäle eingeschaltete FlatScreens, Getränke, Wettannahmetheken, aber eben keine Gäste. Immer nur Bedienstete die auf ihre Smartphones eindrücken. Es steht nicht mal von außen irgendwie dran, was gerade anpreisungswürdig bewettbar wäre.

Vielleicht sollte die Lokalwettbude mal Lokalwetten anbieten, so, wer mit wem noch wie lange zusammen ist, wie lange welche Baustelle noch so bleibt, wo der nächste Unfall passiert, was für ein Geschäft als nächstes eröffnet wird, was als nächstes schliesst und so. Dann geht da vielleicht mal jemand rein.

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