das ende der großparteien

Mit dem 27. September 2009 endete in Deutschland die Geschichte der Großparteien. Wären die Nichtwähler eine Partei, sie hätten 5% mehr als die SPD und läge mit der CDU gleichauf oder vor ihr.

Die Wahl gewonnen haben CDU/CSU und FDP, die zusammen gerade einmal ein Drittel der Wahlberechtigten in Deutschland für sich gewinnen konnten. Ob selbst dieses Drittel für Inhalte gewonnen wurde, ist höchst fraglich, schliesslich will eine Mehrheit in Deutschland den Mindestlohn und genau den wollen CDU/CSU und FDP nicht.

Der SPD ist so deutlich wie nie zuvor gezeigt worden, dass sie auf Bundesebene weder Volks- noch Großpartei ist. Immer wieder wurde in den letzten Wochen darauf verwiesen, dass Deutschland eine starke Sozialdemokratie brauche. Nur geht das eben auch ohne die SPD, was widerum ein Gedanke ist, den die Genossen erst noch verinnerlichen müssen. Und je länger das dauert, desto länger die Genesung. Sonderlich hoffnungsvoll kann man nicht sein, wenn Steinmeier gleich am Wahlabend die alte Leier anstimmt, die SPD habe eine historische Aufgabe. Mit Geschichtsfuselei werden aktuelle Probleme nicht behoben, kommende Wahlen nicht gewonnen.

Die CSU fällt und fällt und holt in Bayern nur noch 41%. Die lange Zeit drittstärkste Partei kommt mit 6,5% derzeit nur noch auf den 6. Rang und darf sich künftig nicht wundern, wenn sie den Atem der Piratenpartei (2%) im Nacken spürt. Da erscheint es seltsam weltentrückt, wenn CSU-Barde Peter Ramsauer von Leihstimmen spricht, die die FDP von CDU/CSU ergattert habe. Das ist das Denken in alten Strukturen.

Die FDP, und das muss man ihr zugestehen, hat es immerhin verstanden, die aktuellen Probleme in ihre eigene Jargon einzubinden, so dass es einen weltanschaulichen Standpunkt ergab, den Westerwelle sehr gut ausfüllen konnte. Auch wenn der FDP genaue Inhalte abgehen wie eh und je. Es ist den Opportunisten aber nun einmal nicht anzulasten, wenn ihre Gegner sich nicht auf Wahlkampf verstehen.

Diese Wahl hat dem Hinterbänklertum den Kampf angesagt und das ist gut so. Gewonnen werden Wahlen künftig mit Inhalten, deren Darstellung man mächtig ist. Das ist auch gut. Die CDU hat vor wenigen Monaten den größten Online-Widerstand der Bundesrepublik heraufbeschworen und ich wähne, dass Ähnliches sich wiederholen könnte. Das Bedeutet aber nur, dass jüngere Menschen für politische Zwecke kämpfen. Und auch das ist gut so.

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wir sind zu ihnen gekommen, um ihnen mitzuteilen…

Ja, so langsam kommt man in das Alter, an dem man sich an Dinge erinnert, die einem vor 20 Jahren bewusst nahe gingen. Genschers Befreiungsrede in Prag am 30. September 1989 war so ein Moment.

Ich weiss nicht, ob Jüngere das nachempfinden können, wie besonders dieser Moment war. Es herrschte noch der Kalte Krieg, selbst Knirbse wie ich wussten, dass Menschen unterdrückt wurden, dass Einzelne sich gegen Staatsmächte wehren mussten und dass die Prager Botschaft schon wochenlang überfüllt mit deutschen Flüchtlingen gewesen ist.

Menschen rannten zur Prager Botschaft und versuchten sich durch Löcher in diesen dünnen Drahtzäunen zu zwängen. Manche wurden von Polizisten gefasst und meist erfolglos zurückgezogen. Immer wieder schrieen Leute. Tag für Tag kamen sich ähnelnde Bilder in den Nachrichten, immer wieder. Hinter diesem dünnen Zaun war Freiheit und davor größte Gefahr, in irgendeiner Gefängniszelle unerreichbar zu verschwinden. Die Situation war unglaublich grotesk.

Ich weiss, uns kamen die Tränen vor dem Fernseher. Und niemand sagte ein Wort.

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