erster interessanter fall der neuen alkohol-am-steuer-regelung

In meiner Heimatzeitung findet sich ein interessanter Bericht über eine offensichtlich betrunkene Autofahrerin:

Bei Überprüfung stellten die Beamten fest, dass die Frau unter Alkoholeinfluss stand. Ein Alkoholvortest ergab einen Wert von 1,66 Promille. Daraufhin ordneten die Beamten die Entnahme einer Blutprobe und die Sicherstellung des Führerscheines an.

Es ist ja seit gut 3 Wochen der Fall, dass nur ein Richter eine Blutprobe anordnen darf, da dies neuerdings, streng genommen, unter Körperverletzung fällt. Sprich: Das Handeln der Polizeibeamten ist gegen das Gesetz. Der Beweis, dass die Autofahrerin betrunken gewesen ist, ist aus rechtlicher Sicht futschikato.

Das Problem derzeit ist, dass es kaum richterlichen Notdienst nach 21 Uhr gibt, d.h. nach 21 Uhr ist die Gefahr, eine rechtlich relevante Blutprobe abgegen zu müssen äußerst gering. Hier in der Ecke ist das bisher eigentlich nur in Bielefeld etwas anders.

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das tv-duell oder: die politische bankrotterklärung des fernsehens

Das Aufeinandertreffen von Steinmeier und Merkel im so genannten TV-Duell hatte nun doch noch sein interessantes Moment. Allerdings nicht im Aufeinandertreffen von Steinmeier und Merkel, sondern im Aufeinandertreffen von selbständig denkenen Politikern und TV-Moderatoren, die sich als politische Journalisten ausgaben.

Politisch gesehen ist die Wahl einigermaßen vorhersehbar. Denn wenn Union und FDP eine klare Mehrheit erringen, heisst der kommende Außenminister Westerwelle und je schlechter das Ergebnis dieser Koalition wird, desto größer die Wahrscheinlichkeit einer Weiterführung der großen Koalition.

Wirklich peinlich dagegen war das Auftreten der Moderatoren von ARD, ZDF, RTL und Sat.1. Da hinterließ nicht ein Einziger den Nachweis, dass er qualifiziert genug für ein inhaltlich angemessenes Gespräch mit diesen hohen Representanten des Staates ist.

Nachdem die ARD nun offen bekunden muss, dass sie nicht genau auf dem Schirm hat, was ein guter Autor für Fernsehfilme ist, scheint sie auch keine Ahnung zu haben, was ein guter politischer Journalist ist. Man schaue nur mal nach Amerika, was für blendend gute Politikjournalisten dort in den Fernsehanstalten moderieren. Das sind keine Moderatoren deutscher Couleur, dass sind politische Kapazitäten. Die muss man nicht hochloben, die stellen ihre Qualifikation allenthalben selber unter Beweis.

Und in Deutschland reicht es nur zu einer Tigerenten-Frage, die die Moderationsvertreter von ARD und ZDF gemeinsam für lustig halten. Man konnte Merkel ansehen, wie genervt sie von diesen Albernheiten gewesen ist und man hätte Steinmeier schelten müssen, wenn er die Moderatorenäußerungen nicht wiederholt auf die Schippe genommen hätte.

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he’s like the wind – goodbye, patrick swayze

outsider

Es hat etwas Trauriges an sich, wenn die Helden der Kindheit sterben, auch wenn man sie gar nicht persönlich gekannt hat. Natürlich kenne ich Patrick Swayze aus Fackeln im Sturm, Ghost, Gefährliche Brandung und To Wong Foo. Aber am tiefsten beeindruckt hat er mich als Darry in Die Outsider. Dort spielt er einen überforderten Heranwachsenden, der plötzlich alleine Verantwortung für seine Geschwister hat und sich dieser immerhin stellt.

Patrick Swayze starb gestern an den Folgen einer Krebserkrankung.

Whoopie Goldberg sagte hierzu: „Patrick war ein wirklich guter Kerl, ein lustiger Typ, ich verdanke ihm mehr als ich je zurückzahlen kann. Ich glaube an die Message von ‚Ghost‘: Er wird immer in der Nähe sein.“

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das julia-seeliger-experiment

Sowohl in Twitter, bei der Jungen Freiheit als auch in Blogs gibt es derzeit Vorwürfe gegen Julia Seeliger. Julia Seeliger ist bekannt als Bloggerin, Politikerin der Grünen und derzeit als taz-Schreiberin tätig.

Die Vorwürfe gehen in die Richtung, dass Seeliger als taz-Autorin unzureichend ihre private, grüne Meinung aus ihrer Arbeit als Journalistin heraushält. Seeliger hatte das Interview eines Vertreters der Piratenpartei mit der Jungen Freiheit als problematisch gerügt. Weitergehend wird von Seeligers Kritikern eine Verschwörungsgeschichte aufgezeigt, nach der wahlweise die taz bei Grünen-Anhängern Tritt fassen möchte oder die Grünen über die taz gegen die Piratenpartei poltert.

Die Unterstellungen an die taz, die Grünen und Julia Seeliger sind allerdings allesamt albern. Wer Julia Seeliger ein wenig liest, kennt ihren Stil und wusste von ihr schon vor einem Jahr, dass sie vorhatte, sich beruflich zu entwickeln und sich nicht allein über die Grünen identifizieren zu lassen. Dass die taz die Grünen instrumentalisiert oder die Grünen die taz klingt für den einen oder anderen vielleicht spannend, aber hieraus entstünden letzten Endes beiden Organisationen nur negative Effekte, so blöde sind beide  nicht.

Dass die taz Seeliger als Schreiberin einstellt ist nichtsdestotrotz ein Experiment. Denn Seeliger ist mit Blogs groß geworden und daran orientiert sich ihre Argumentationsweise: Sie fragt und behandelt Argumente öffentlich, was auch heisst, dass von ihr veröffentliche Sätze inhaltlich überarbeitet werden. Letzteres ist ein Blog-Stilmittel, keines des Printjournalismus‘. Wie sich dieser Schreibstil mit der taz vereinbaren lässt, wird sich zeigen. Aber die taz selbst ist auch kein Blatt, von dem man sagen kann, dass es sich immer dadurch ausgezeichnet hat, dass die Artikelschreiber Objektivität in der Sache jederzeit als allerhöchsten Maßstab beherzigt haben. Wer jetzt Seeliger oder der taz den Vorwurf macht, sie entsprächen nicht einem angeblich allgemeinen Journalismus-Stil, der verkennt, dass diese sich jenem nie verschrieben haben.

Julia Seeliger darf aber durchaus weiter so schreiben, wie sie es gewohnt ist und die Entscheidung der taz, Julia Seeliger mit ins Boot zu nehmen ist auch alles andere als falsch: Seeliger kennt sich hervorragend mit Netzwerken aus und hat eine eigene Meinung, die sie hartnäckig vertritt.

Was Seeligers Kritik am Interview des Piratenparteivertreters mit der Jungen Freiheit angeht, so ist dazu folgendes zu sagen:

Julia Seeliger schreibt darüber, dieses Interview zu halten:

Politisch war das instinktlos, ideologisch problematisch.

Das stimmt. Der Interviewte hat ja zugegeben, keine Ahnung gehabt zu haben, was die Junge Freiheit für eine Zeitung ist. Mit ihrem Artikel hat Julia Seeliger genau das offen gelegt.

Mit ihrem Versuch, die Junge Freiheit in die politisch untragbare rechte Ecke zu stellen, punktet Julia Seeliger aber nicht. Zwar wurde die Zeitung vom Verfassungsschutz beobachtet, dieser wurde dafür allerdings vom Bundesverfassungsgericht gerügt, da, so das Gericht, Kritik an der Verfassung aus rechter Sicht im Rahmen der Pressefreiheit zulässig sei.

Auch der Schmittismus-Vorwurf, den sie einstreut, will nicht überzeugen: Von Gessenharter übernimmt sie gerade die Kritikpunkte an der Haltung der Jungen Freiheit, die selbst widerum kritikwürdig sind:

„Eine schlüssige Beweisführung der Menschenrechte aber gibt es bis heute nicht.“ So gelesen in einer Ausgabe [der Jungen Freiheit, Anmerkung CH] im Jahr 2007. Und weiter „Ihre naturrechtliche Begründung mit der ‚Gleichheit’ aller Menschen ist kaum überzeugend, weil die Menschen von Natur eher verschieden sind.“

Ein schlüssiger, d.h. logisch erwirkter Beweis der Menschenrechte, so wie allgemein der Konvolut aus Redefreiheit, Meinungsfreihet etc. genannt wird,  ist mir auch nicht bekannt.  Und eine naturrechliche Begründung der Gleichheit aller Menschen wird nicht durch die Behauptung, alle Menschen seien von Natur aus verschieden, widerlegt. Denn im ersten Fall kann man von „gleich an (Freiheits)-Rechten“ reden, während man im zweiten Fall von unterschiedlichen physischen und psychischen Zuständen redet.

Weil Julia Seeliger Vorverurteilungen mit eindeutigen Sachlagen vermischt, überzeugt sie nicht mit dem Vorwurf, die Piratenpartei sei „unsensibel gegenüber rechtslastigen Argumentationen“.

Vielleicht liegt es an ihrer politischen Herkunft, dass Seeliger in diesem Punkt nicht so differenziert schreibt, wie einige Leser es sich wünschen, aber für mich ist dieser Punkt kein Grund, in der Persönlichkeit Julia Seeligers herum zu psychologisieren: Dass ich meine, Julia Seeliger liegt in einem Punkt falsch, ändert nichts an den Qualitäten von Julia Seeliger

mehr: ef-online – Die Piratenpartei, die „taz“, die „Junge Freiheit“: Jehova, Jehova!

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ex-spd-internetwahlkämpfer redet tacheles

Jemand, der ehemals in diesem Jahr in der SPD-Internet-Wahlkampfzentrale gearbeitet hat, hat sich wohl gerade jemand etwas Luft über den mislungenen SPD-Internet-Wahlkampf gemacht und ich finde das wirklich lesenswert, wenn der Text auch lang ist.

Mein Lieblingssatz ist ja: [Steinmeier] wirkt wie ein Mann, der ständig den Heiratsantrag verschiebt, weil er sich nicht sicher ist, ob er
wirklich verliebt ist.

Ein entzückendes Bild. Aber der anonyme Schreiber wird sachlich auch
etwas deutlicher:

Die SPD-Bürokratie ist auf dem besten Wege aus lauter Angst vor der
Demokratie, vor den bösen Medien, vor den uneinsichtigen Bürgern und sogar vor den lästigen Genossen die gesamte Partei in die Knie zu
zwingen. In Verbeugung vor dem Guru „Kontrolle“ und dem Guru „Politische Kommunikation“.

Nicht immer ist der Schreiber ganz klar in seiner Ausdrucksweise, aber
den Musikknochen trifft er schon ganz zielsicher.

Es wird, so scheint mir, der sozialen Gerechtigkeit nicht gerecht, als Markenkern herhalten zu müssen, als strategische Komponente,
Verpackungsbotschaft für ein Produkt. So werden Werte zu Werbung:
ent-wertet. Tickets to nowhere.
Treffer, versenkt.

Er beschwert sich, dass die Ach-so-Intelligenten in den höheren
SPD-Kreisen sich nie auf ein offenes Gespräch einlassen und dann
irgendwann trotzig werden.

Und weil sie glauben, dass Politik so funktionieren kann, sorgen sie
mit dafür, dass sie nur so funktioniert.

Man mag dem Schreiber ja vielleicht eine etwas gekränkte Eitelkeit
unterschieben wollen, weil seine Ideen nirgends aufblühen konnten, aber eine bessere Analyse des sicherlich unfruchtbaren Internet-Wahlkampfes auf Bundesebene kenne ich nicht.

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ode an die wahlenthaltung

Gabor Steingart hat in diesem Jahr zwei Bücher mit etwa gleichem Inhalt veröffentlicht: „Die Machtfrage – Ansichten eines Nichtwählers“ und „Die gestohlene Demokratie“. Das erste kostet 15, das letztere 9 €, wen das interessiert, kann zur günstigeren Variante greifen, so unterschiedlich ist der Gedankengang Steingarts nicht. Im Wesentlichen sind es zwei Punkte, für die Steingart argumentiert:

1. Die Wahlenthaltung ist in einer Demokratie eine der möglichen Wahlentscheidungen und als solche nicht zu beanstanden.

2. Es ist nicht so, dass Wahlenthaltungen die „Falschen“, sprich: die Rechten, stärken.

Diese beiden Argumente gewinnt Steingart locker, schwimmt damit allerdings, und das ist das Interessante, gegen einen politischen Mainstream an. Steingart plädiert dafür, den Parteien eben nicht seine Stimme zu geben, wenn einem das Politikangebot nicht passt. Und in dieser Hinsicht geben sich diverse Parteien ja gerade richtig Mühe, am Wähler vorbei Politik zu betreiben. Der Rest des Buches sind nette Rück- und Zukunftsbetrachtungen, die aber nicht weiter stören.

Nicht wählen zu gehen, weil man keinen Bock dazu hat, kann man also nach wie vor angreifen. Die bessere Entscheidung ist es, sich mit der Politik auseinander zu setzen. Vielleicht findet man auf diese Art und Weise eine Partei, die den eigenen Interessen entspricht. Aber es ist genauso akzeptabel, wenn hienach eine Wahlenthaltung herausspringt.

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