ohne niggemeier geht’s nicht

Ich habe so ganz leichte Bedenken wenn es um Stefan Niggemeier geht, denn er behandelt ja größten Teils nur das Fernsehen. Meine Befürchtung ist, dass man Scheuklappen aufbaut, wenn man sich immer nur mit Fernsehen beschäftigt. Aber immerhin kommt Niggemeier immer wieder mit guten Texten oder guten Beobachtungen. Dass das eben nicht ganz so einfach ist, merkt man an den Ersätzen, die, immer wenn Niggemeier in Urlaub ist, versuchen seine Geschäfte weiter zu führen. Ich weiss gar nicht so recht warum.

Weil Leser abwandern, weil Niggmeier mal 2 Wochen nicht da ist? Weil Leser so an einer Fernsehschelte hängen? Zumindest das wird von seinen Ersatzschreibern bislang nie erfüllt. Das ist immer so ein niggemeiern ohne den gekonnten Schritt zurück vom Thema, wodurch die Texte sich eine gewisse Erhabenheit über das Fernsehen verschaffen.

Heute ist das wieder beispielhaft nachzulesen am Text „Letterman“ von Nils Minkmar. Die FAS geht ja schon über, drunter zu schreiben „Wir vertreten ihn, so gut wir können.“ Wirklich?

Minkmar versucht eine Szene aus der David-Letterman-Show herauszuheben, die ich vergangen Woche schon gebloggt habe. Ein paar Internetnutzern dürfte der Hitnergrund also bekannt sein, aber sicher nicht allzu vielen: Letterman ist von jemandem nach ein paar Treffen um 2 Mio. Dollar erpresst worden, weil dieser Jemand veröffentlichen wollte, dass Letterman mit einigen seiner Angestellten Sex hatte.

Minkmar bringt diese kleine Info nicht sachgerecht in seinen Text unter: Er spricht zwar von Erpressung, nennt aber nicht die Summe, sondern redet davon, dass Letterman sich am Arbeitsplatz verliebt hat. Ich weiss nicht, ob Minkmar das Thema voll auf dem Schirm hat, aber es ging nicht darum, dass Letterman sich verliebt hat. Das hat er zwar offensichtlich auch, denn seine jetzige Frau hat auch schon für seine Sendung gearbeitet.

Der wesentliche Punkt ist aber das Sexhaben Lettermans mit einer Anzahl von Bediensteten. Das kann einem gerne am Allerwertesten vorbeigehen. Übersehen sollte man nur nicht, dass dies für die konservativen Medienmacher in den USA ein langersehntes, gefundenes Fressen ist. Letterman instrumentalisiert seine Sendung zur öffentlichen Klärung dieser Privatangelegenheit, was taktisch nicht völlig unsinnig erscheint.

Wie diese Geschichte ausgeht, d.h. ob die Konservativen doch noch versuchen werden, Letterman runterzumoralisieren, wird man in kommender Zeit sehen. Schade nur, dass Minkmar diese Pointe verpasst. Es wäre eine typische einen Schritt zurück machende Endbetrachtung Niggemeiers gewesen. Minkmar fällt aber nur ein, von seiner gottähnlichen Verehrung Lettermans zu reden.

Die ZEIT vom 06.10.2009: Letterman entschuldigt sich für Sexaffären

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