lokalexpress

Tati im Gespräch über Düsseldorfer Karnevalslieder:

„Es gibt doch jetzt eine Mädchenband, die ein Karnevalslied gemacht hat.“

„Wo haste das denn her?“

„Aussm Express.“

„Seit wann liest du denn Express?“

„Morgens. An der Bushalte. Im Automaten.“

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carl zuckmayer – geheimreport

Offen gestanden kenne ich nur wenige der in diesem Buch beschriebenen Personen. Aber das scheint mir gar nicht so wichtig, denn Zuckmayers meinungsstarker, pointierter Stil setzt den mir bekannten scharfe Konturen und den anderen immerhin ein verständliches Bild. Man hat es hier mit dem Rückgrat eines wortreichen Schriftstellers zu tun, der versucht, unverlogen und fair gegenüber den Rollen der anderen zu sein.

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neuorientierung

Treffe meine Nichte (7).

„Na, du Schulkind!“

grinst.

„Alles klar in der Schule oder willst du zurück in den Kindergarten?“

„Nein!“

„Habt ihr schon feste Sitzplätze?“

„Ja.“

„Musstet ihr auch schon mal die Plätze wechseln?“

„Ja.“

„Und wo sitzt du nun?“

„Zwischen Jule und der Heizung.“

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caroline L. jensen – frau bengtsson geht zum teufel

buchleser Die Autorin hat wohl in Schweden vor diesem Machwerk mit einer Pornobeichte Erfolg gehabt. Mein Interesse weckte dieses Werk durch das Youtube-Video. Beim Lesen dieses Gott-Teufel-Hausfrau-Schinkens wartete ich immer irgendwie darauf, dass der große Witz noch um die Ecke schaut – vergebens. Eine nette, kurzweilige Unterhaltung bietet der Schmöker, aber wieso ich den gelesen habe, weiß ich hinterher eigentlich nicht mehr so genau.

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hape kerkeling – der junge muss an die frische luft

buchleser Dieses Buch ist wohl eher etwas für Fans des aktuell mit zu den bedeutendsten Komikern zählenden, gebürtigen Recklinghauseners.
Kerkeling erzählt von einer fröhlichen Kindheit, die vom Tod seiner Mutter überschattet wird, welcher allerdings auch der Fixpunkt für Kerkelings spätere Karriere zu sein scheint. Sicherlich ist diese Tragödie wesentlich für ein Verständnis von Kerkelings Kunst, der Rest des Buches kommt allerdings etwas schwärmerisch-spirituell und banal daher. Insofern sollte man den Autor schon kennen, um etwas vom Buch zu haben.

Um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen. Ich habe von der ersten Phase Kerkelings Humor ungemein gezehrt und gelernt, konnte die Aben Hannilein & Co., Erwarnten se nix und Kein Pardon mitsprechen. Allerdings habe ich den Schnitt danach nicht verstanden. Hape Kerkeling war in all seinen Spielfilmen, in seinen Shows und Aktionen weiterhin ungemein sympathisch, aber eben auch so routiniert, dass der spontane Witz verloren ging. Und auch sein Spiel mit der Kamera ließ er sein. Im Buch erklärt er diese Veränderung nicht. Es wundert mich auch, dass Angelo Colagrossi mit keiner Silbe erwähnt wird. Aber vielleicht erscheint ja einmal eine Fortsetzung der Biographie.

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dave eggers – the circle

buchleser

Die frisch gebackene Uni-Abolventin Mae kommt auf Anraten ihrer Freundin bei der größten, Informationen sammelnden Firma unter. Gleich zu Beginn wird sie herzlich begrüßt, auf die Wichtigkeit der Gemeinschaft im Unternehmen eingeschworen, während man gleichzeitig all ihre persönlichen Informationen abgreift, die verfügbar sind. Mae verinnerlicht bereitwillig die Arbeitsattitüde mehr und mehr und fällt die Karriereleiter hoch. Das führt allerding zu Problemen im privaten Bereich.

Eggers Roman ist eine neuzeitliche Mischung aus Orwells 1984 und Rhues Die Welle. Leider ist das hoch hinaus wollende, aber geistlose und klischeehafte Buch strunzlangweilig geraten.

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judith hermann – aller liebe anfang

Der Romanerstling von Judith Hermann wurde von der deutschsprachigen Feuilletonkritik halb verissen und halb  gelobt. Gott sei dank ist kein Schriftsteller dazu verpflichtet, Feuilletonjournalisten, zumal belehrend auftretend und sich im Ton vergreifend, zu gefallen. Es gibt überhaupt nur wenige, die es meiner Ansicht nach geschafft haben, das Werk passend zu besprechen.

Zu einer passenden Besprechung gehört vor allem die rechte Einordnung. Hermann hat ein Psychogramm einer Mitdreißigerin geschrieben, die dort angekommen ist, wo sie sich hin geträumt hat, die sich dort aber nicht wohl fühlt: In ein kleines Häuschen samt Tochter und Ehemann. Auch in die Beziehung zu ihrem Mann ist sie halb zog sie ihn, halb sank er hin gekommen. Sie fühlt sich nicht wohl in ihrem Leben und nicht in ihrem Beruf, denkt ans Aufhören. Im Altenheim, wo sie arbeitet, hat sie es mit anderen Paaren zu tun, deren Leben sie unbeteiligt und unpersönlich, aber nicht uninteressiert begegnet. Sie kann nicht aus ihrer Haut, kann keine Revolution im Privaten auf den Weg bringen. Das Unheil nähert sich in Person eines Stalkers in derselben Straße, das letzten Endes das bisherige Privatleben sprengt.

Wie Hermann diese Unglückskonstellation auf wenigen Seiten am Anfang des Romans zusammenzurrt, dass ist große Kunst. Und mir passt der Schreibstil in dieser Geschichte auch wesentlich besser als in ihrem Debut. Man könnte sich eine größere Distanz in der Form zwischen Erzähler und Hauptfigur denken, aber das wäre vielleicht der Stimmung des Romans abträglich geworden.

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judith hermann – sommerhaus, später

Ich habe diesen Schmöker seit Ewigkeiten im Schrank stehen. Aber nach dem ersten Hype, der mir nicht ganz geheuer war, habe ich das Lesen vor mir her geschoben. Vielleicht findet sich eine Zeit, zu der man unvoreingenommener an das Werk gehen könnte. In der Diskussion um den aktuellen Erstlingsroman von Judith Hermann fand ich es nun passend, zunächst dieses Werk mir vorzunehmen, um einen Stil der Autorin auszumachen. Der ist zwar vorhanden, aber in diesem Buch gewinne ich ihm nichts ab. Die Geschichten plätschern unbewegend für den Leser vor sich her, mal mit mehr, mal mit weniger Lokalkolorit.

In dem Berlin, das Judith Hermann erzählerisch erfunden hatte, wollten auch wir leben.

schreibt Ijoma Mangold. Für mich spricht Mangold nicht. Mag sein, dass das Buch ein adequates, stilgebendes Bild der Berliner Künstlerszene des ausgehenden Jahrtausends gewesen ist. Inzwischen ist es verpufft.

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