warum geht man denn nun wählen?

Vor ein paar Tagen habe ich schon einmal darüber geschrieben, wie wenig überzeugend es ist, dass derzeit jeder Tunichtgut rausposaunt, ein Jeder solle doch wählen gehen. Das scheint eine neue Trendsportart zu werden.

Dabei ist die Ausgangslage ja sehr klar. Wenn man durch sein Wahlkreuzchen eh nur klitzekleines Rädchen an einem übergroßen Wagen ist, weswegen sollte man unbedingt Zeit aufwenden, ins Wahllokal zu schlurfen? Aus wirtschaftlicher Sicht ist das Unsinn. Und nur dagegenzuhalten, alles andere sei blöd ebenso. Ist es eine Bürgerpflicht, zu wählen? Sehe ich nicht. Sollte man wählen, weil andere Menschen in anderen Ländern gerne so wählen dürften, wie wir die Gelegenheit haben? Noch ein blöderes Argument. Die Festgefahrenheit unseres Wahlsystems ist anderen Menschen doch gar nicht geläufig. Stärkt man die Falschen, wenn man nicht wählen geht? Es ist nicht allein die Stimme einer Wahl, die diese Falschen schon so stark gemacht hat, wie sie sind.

Nein, man wählt aus Idealismus. Das ist die einzige Antwort, die mir verständlich zu sein scheint. Man glaubt daran, dass Wahlen Richtungen vorgeben kann. Vielleicht überzeugt man durch Gespräche oder durch den Wahlgang andere ebenso wählen zu gehen. Man kann Teil einer Idee sein, die von Parteien vertreten wird.

Das ist aber in Deutschland zugegebener Maßen eine schwierige Haltung. Das elendige Parteiensystem mit Parteien, die entweder unschlüssig sind, was sie überhaupt noch für eine Linie vertreten wollen, oder Parteien, die meinen, Wahlversprechen sind das eine, die Umsetzbarkeit von Wahlversprechen muss man hinterher ausloten, hat deutliche Ernüchterungsspuren hinterlassen: Die Leute sind nicht politikverdrossen, sie sind politikerverdrossen.
Kurzum: Die Art der Politikführung durch Parteienwahlen kann und sollte dringendst mal auf den Prüfstand kommen. Warum wählt man nicht beispielsweise einen Charakterkopf für einen bestimmten Bezirk, einen Ort. Nicht eine Partei, eine haftende Person. Den lokalen Parteien bliebe die Vereinsgemeierei und die Abhängigkeit von Bundesparteien erspart und die Wähler könnten besser politische Maßnahmen als verantwortliches menschliches Handeln einsehen.

Wie gesagt, es ist letzten Endes nur der Idealismus, der einen objektiven guten Grund zum Wahlgang liefert. Wer mit dieser Art der politischen Meinungsfindung nicht mehr einverstanden ist, und wer meint, dass Wahlenthaltung dieses zum Ausdruck bringt, ich befürchte, der hat einen guten Grund, sich der Wahl zu enthalten. Aber andersrum nur dann, wenn er diese Einstellung auch anderweitig deutlich macht. Verpufft diese Form der Wahlentscheidung, stärkt man unter Umständen doch Falsche.

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