der sex-skandal der uni bielefeld

[ Aktualisierungen:  1.7.2.7.3.7.4.7.7.7.9.7. | 14.11.]

Dies könnte die Feierlaune der Bielefelder Universitätsleitung etwas trüben: Im 40. Jahr ihres Bestehens bekommt die Universität einen handfesten Sex-Skandal.

Nun sollte man sich streng vor Augen halten, dass die Unschuldsvermutung bei den beteiligten Personen Vorrang haben muss. Niemandem ist geholfen, an Hand der Persönlichkeiten des vermeintlichen Opfers und des vermeintlichen Täters rumzupsychologisieren. Vor Gericht wird diese Angelegenheit des weiteren verhandelt.

Verstörend ist ein anderer Umstand:

Offenbar hat die Universitätsleitung 9 Monate lang[1. In diesem Blog werden Dinge gestrichen, die sich der Sache nach als überholt oder falsch herausstellen. Durch die Streichung wird aber das vormalige Vorhandensein der Textstelle dokumentiert. Zu dieser Stelle, an der von 9 Monaten die Rede ist, hat die Universitätsleitung im Artikel der Neuen Westfälischen am 3. Juli Stellung bezogen. ] erfolglos versucht, diese Angelegenheit intern zu regeln. Die Staatsanwaltschaft kontaktierte man erst, als eine beteiligte Person eine Klage erhob. Ein sich der Universitätsleitung wohl rein juristisch aufdrängender Schritt. In der Zeitung liest sich das Vorgehen dann so:

Zunächst habe man aber von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen.

[Fragen: Wer ist man ? Was genau heisst an dieser Stelle absehen ? ]

Aufgrund des nun einsetzenden Rechtsverfahrens möchte die Universitätsleitung fortan zu dieser Sache keine Stellung nehmen. Dabei verkennt sie den Schaden, den sie anrichtet:

Welche Studentin, welche sonstige Mitarbeiterin an der Universität möchte sich derzeit vertrauensvoll bei einem Angriff auf ihre Person an die Universitätsleitung wenden, wenn sie davon ausgehen kann, dass diese sich mitunter ein Jahr schleppend damit beschäftigt.

Vielleicht gibt es tatsächlich gute Gründe, diese Angelegenheit 9 lange Monate intern zu verhandeln. Zum jetzigen Zeitpunkt aber mit Hinweis auf das laufende Verfahren keine Stellungnahme abzugeben, um selbst möglichst schadenfrei davon zu kommen, ist wohl ein falsches Zeichen.

Aktualisierung am 1. Juli
Im Laufe des Tages hat sich die Universitätsleitung entgegen der Mitteilung bei der Neuen Westfälischen (der Text wurde mittlerweile geändert) doch noch zu Wort gemeldet. Mit Bezug auf einen Bericht des Westfalen-Blatts wird ein terminlicher Ablauf des Prozederes aus der Sicht der Universitätsleitung gegeben.

Auf den sowohl im Westfalen-Blatt als auch in der Neuen Westfälischen beschriebenen Umstand, die Universitätsleitung sei seit Herbst vergangenen Jahres über die Vorwürfe unterrichtet gewesen, geht die Universitätsleitung nicht ein.

Die Universitätsleitung gibt dagegen an, schnellstmöglich gehandelt zu haben.

Aktualisierung am 2. Juli

Auch in den zwei großen Zeitungen Bielefelds wird heute das Bezeichnen des Handelns der Universitätsleitung als schnellstmöglich in Frage gestellt.

Die Neue Westfälische beschreibt den Fall heute ausführlicher und resümiert:

Obwohl der Fall im Haus also mindestens seit zehn Wochen bekannt war, konnte sich das Rektorat erst gestern dazu durchringen, den beschuldigten Professor bis zur Klärung des Falles vom Lehrbetrieb auszuschließen.

Im Westfalen-Blatt wird ein Mitglied der betroffenen Fakultät in Bezug auf das Vorgehen der Universitätsleitung mit deutlichen Worten zitiert:

Ein Vertreter der Fakultät kritisierte [das Vorgehen der Universitätsleitung] gestern als Verletzung der Fürsorgepflicht. Eine Universität müsse für alle jungen Menschen ein Schutzraum sein«.

Die Fürsorgepflicht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in §§241. Abs. 2, 617-619 festgelegt. Die Missachtung der Fürsorgepflicht kann zu Schadensersatzansprüchen und anderen Rechtsansprüchen des Arbeitgebers führen. Vom nichtmateriellen Schaden einmal abgesehen.

Uwe Koch kommentiert im Westfalenblatt: Unter den Teppich gekehrt.

Aktualisierung vom 3. Juli
Die Neue Westfälische berichtet heute über den kompletten Rücktritt der Gleichstellungskommission der Uni Bielefeld betroffenen Fakultät. Im Zuge dessen zitiert man einen Uni-Sprecher, dass das Inkenntnissetzen der Universitätsleitung im vergangenen Oktober denselben Professor, aber einen „ganz anderen Fall“ betreffe. Damit möchte man wohl Wind aus den Segeln nehmen.

Aber nochmal in Ruhe: Zweimal innerhalb eines einzigen Semesters gibt es offenbar unabhängig voneinander den Vorwurf einer sexuell motivierten Missetat gegen einen Professor und die Universitätsleitung wendet sich erst an die Staatsanwaltschaft, unmittelbar nachdem eine Klage im zweiten Fall eingereicht wird, und suspendiert den Professor erst, unmittelbar nachdem die Zeitungen darüber berichten.

Es erscheint mir naheliegend, dass einige Personen nun die Einhaltung der Fürsorgepflicht seitens der Universität in Frage stellen. Gerade angesichts des Umstandes, dass das wohl wichtigste hierfür eingerichtete Gremium geschlossen zurücktritt.

Die Universitätsleitung sollte schnellstens darlegen, was das Disziplinarverfahren eigentlich bringen sollte. Wenn man den betroffenen Professor für so verdächtig hält, dass ein Verfahren eingeleitet werden soll, dann doch im ersten Sinne kein Disziplinarverfahren. Sexuelle Nötigung ist ein Straftatbestand. Und die Verfolgung von Straftaten ist Sache der Staatsanwaltschaft, nicht Sache eines internen Klärungsversuchs. Fristen in einem Disziplinarverfahren können da meines Erachtens nicht ausschlaggebend sein.
Andererseits: Wenn man die Angaben des vermeintlichen Opfers für unglaubwürdig hält, ergibt ein Disziplinarverfahren gegen den betroffenen Professor gar keinen Sinn.

Eine Erklärung tut not, nicht dass irgendein findiger Jurist an dieser Stelle noch eine Straftat wähnt.

Ein verständliches Vorgehen wäre doch folgendes:

1. Verständigung der Staatsanwaltschaft zur Prüfung, ob es sich bei dem Vorwurf einer Strafsache rechtlich gesehen tatsächlich um eine Strafsache handelt. Während dieser Untersuchung hat die Presse nicht informiert zu werden. Somit wäre nicht davon auszugehen, das zu diesem Zeitpunkt irgendwem eine übermäßige Rufschä¤digung entsteht.

2. Je nach Ergebnis der Untersuchung unter 1. Einleitung des Strafverfahrens und des Disziplinarverfahrens oder Abweis des Vorwurfs.

Ich zitiere nochmal wie die Neue Westfälische die Universitätsleitung zitiert: Zunächst habe man aber von einer strafrechtlichen Verfolgung abgesehen. Hat sich hier nicht jemand vollkommen in seinen Kompetenzen verhoben? Seit wann ist eine Universitätsleitung eine Rechtsinstanz, die von strafrechtlicher Verfolgung absehen kann?

Ist das der Normalfall? Eine Studentin kommt zur Universitätsleitung mit dem Vorwurf einer Strafsache und die Universitätsleitung schlägt ihr vor, das erstmal intern zu regeln? So als ob es Abhängigkeitsverhältnisse in der Universität, in denen Studenten schlechter gestellt sind, überhaupt nicht bestünden und sie im universitären Kontext völlig frei wären?

Dass der betroffene Professor Klage gegen Verleumdung erhebt, ist im Zuge des Verfahrens, das die Universitätsleitung eingeleitet hat, verständlich. Worauf soll auch ein so eingeleitetes Disziplinarverfahren fußen? Stellt sich heraus, dass keine Strafsache vorliegt, hat man den Professor nur aufgrund einer nicht haltbaren Behauptung suspendiert.

Aktualisierung vom 4. Juli
Die Uni-Gleichstellungsbeauftragte Uschi Baaken und Universitäts-Rektor Dieter Timmermann haben der Neuen Westfälischen ein Interview gegeben, das heute erschien. Timmermann wiederholte die Aussagen seines Pressereferenten und wies darauf hin, dass die Angelegenheit nicht früher der Staatsanwaltschaft gemeldet wurde, weil die betroffene Doktorandin noch nicht bereit dazu gewesen sei. Dem Vorwurf der späten Suspendierung versucht („Fakt ist…“) Timmermann den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem er sagt, dass er wenige Tage zuvor den Auftrag erteilt habe, die Angelegenheit an die Staatsanwaltschaft zu übergeben. Aber eben erst nachdem der betroffene Professor Klage erhob.

Die Redeweise von Timmermann ist bisweilen putzig:

Wir haben die junge Frau gleich im ersten Gespräch darauf hingewiesen, ob es nicht ein Fall für die Staatsanwaltschaft sei – weil es um Gewalt ging.

Diese Angelegenheit ist nicht ein Fall für die Staatsanwaltschaft, weil diese für Gewalt zuständig ist, sondern weil sie als Entscheidungsinstanz für die Strafverfolgung zuständig ist. Jetzt stelle man sich mal vor, in diesem Zitat stünde korrekterweise weil es um Strafverfolgung geht. Die Frage an die Doktorandin, ob es ein Fall für die Staatsanwaltschaft sei, ist zudem Wasser auf die Mühlen all derjenigen, die eine Verletzung der Fürsorgepflicht sehen. Denn bei es handelt es sich doch offenkundig um die Vorwürfe der Doktorandin vergewaltigt und sexuell genütigt worden zu sein. Beides eindeutige Straftatbestünde.

Frau Baaken gibt an, man habe

das jetzt nach außen gegeben, als deutlich wurde, dass der Fall intern nicht zu klären ist.

Klar wurde ist offenbar bedeutungsgleich mit dem, was im Text der Neuen Westfälischen die Reaktion darauf, dass der betroffene Professor Klage wegen Verleumdung erhoben hat, war. Abgesehen davon: Man hat 10 Wochen lang versucht, den Vorwurf von Straftatbeständen intern zu klären?

Interessant ist auch, dass der Vorwurf der Doktorandin, vergewaltigt und sexuell genötigt worden zu sein, bei Timmermann lediglich es heisst und bei Baaken lediglich das.

Ein seltsames Interview. Da wird der Universitätsleitung vorgeworfen, sich mehr um das Renomée der Uni zu kümmern als um ernste Angelegenheiten seiner Beschäftigten, und dann gibt man ein Interview, das zur Hälfte das Renomée der Universität in Form von Fürsorge-Projekten zum Gegenstand hat. Stellen Sie sich mal vor, der Kölner Oberbürgermeister wäre zum Einsturz des Stadtarchivs interviewt worden und hätte geantwortet: „Ja, stimmt schon, das Ding ist eingestürzt. Aber wir haben da vor 2 Wochen ein Turnhalle gebaut: Die steht noch!“ An die Universitätsleitung wird doch nicht der Vorwurf herangetragen, etwas zu vertuschen, wie Timmermann meint. Die Art der Behandlung der Angelegenheit steht in der Kritik.

So wiederholt dann auch die Gleichstellungsbeauftragte der betroffenen Fakultät als einzig Verbliebene des Gremiums gegenüber der Neuen Westfälischen ihre Kritik an der Universitätsleitung, sich im Missbrauchsfall zu spät um Aufklärung bemüht zu haben.

Aktualisierung vom 7. Juli
Auf der Seite OWL-Vielfalt wird ein Bericht des Westfalen-Blatts veröffentlicht. Auch ein früherer Dekan der betroffenen Fakultät kritisiert hierin das Verfahren der Universitätsleitung:

Die Universitätsleitung hatte den Professor schließlich vergangenen Mittwoch suspendiert. Zu spät, wie ein früherer Dekan am Freitag kritisierte: »Das ist ein Fall nur für Polizei und Justiz. Das Rektorat hat keine eigene Gerichtsbarkeit.«

Der Sinn des Gesagten ist wohl klar, dennoch sei festgehalten: Als Instanz bezüglich Disziplinarstrafen hat die Universitätsleitung sehr wohl eine eigene Gerichtsbarkeit.

In diesem Artikel wird auf derselben Seite kritisiert, dass Berichte, die über diese Angelegenheit als Sex-Skandal klassifizierten, die Angelegenheit verharmlosten. Dem stimme ich nicht zu, da die Angelegenheit einerseits nicht geklärt wurde, d.h. möglicherweise ist es „nur“ zu Sex gekommen, wie die Blogboys auch meinen, andererseits habe ich grundsätzlich nichts gegen die Verwendung eines Begriffes wie „erzwungener Sex“ und sehe darin selbstverständlich eine rechtsbrechende Gewalteinbringung. Der Begriff Sex ist nicht genuin romantisch.

Aktualisierung vom 9. Juli

In der Neuen Westfälischen wird heute der Vorwurf der Gleichstellungskommissionsvorsitzenden der Fakultät an die Universitätsleitung konkretisiert:

Die Vorsitzende der fakultätseigenen Gleichstellungskommission, die als Vertraute der Anzeigenerstatterin intern in die Kritik geraten war („Vermengung von Funktion und Privatmeinung“), bekräftigte nach dem Interview mit Rektor Timmermann ihre Vorwürfe gegen die Entscheidungen der Uni-Leitung: „Der Name der Betroffenen ist schon im November im Personaldezernat genannt worden.“ Allerdings noch nicht im Zusammenhang mit den erst am 20. April geäußerten Vorwürfen, sondern „als abhängige Mitarbeiterin“. (…) Weder die Gleichstellungsbeauftragte der Uni noch die Personaldezernentin hätten damals die 27-Jährige zum Einzelgespräch gebeten, so die Kritik: „Das war Nichthilfe und verletzte Fürsorgepflicht.

Wie gesagt, der Umstand, dass mindestens zweimal innerhalb eines Semesters an die Universitätsleitung gerichtete Klagen von Studentinnen bezüglich des Umgangs mit demselben Professor auftauchen, ist laut Universitätsleitung als verschiedene Fälle zu betrachten. Selbst das Niederschreiben dieses Satzes gestaltet sich schwierig. Wahrscheinlich ist auch für die Universitätsleitung die ignorierte Klage von Studentinnen über das angeblich sexistische Verhalten des Professors vom vergangenen März ein ganz anderer Fall. Und die Klage als abhängige Mitarbeiterin – sicherlich ein ganz anderer Fall. Die Klage, bezüglich derer der Professor in diesem Semester einen Eintrag in die Personalakte erhielt: Ganz was anderes.

Der beschuldigte Professor seinerseits bleibt suspendiert:

(D)er Beschuldigte soll suspendiert bleiben, bis über den Sachverhalt (sexuelle Nötigung oder Vortäuschen einer Straftat) in einer Gerichtsverhandlung entschieden worden ist.

Und der Grund ist, dass er Klage wegen Verleumdung erhoben hat? Dass er verklagt wurde wegen derzeit nicht bewiesener sexueller Nötigung, die er abstreitet? Dass diverse Leute sich ihr Maul über ihn zerreissen?
Oder vielleicht doch der Selbstschutz der Universitätsleitung, die in diesem Verfahren möglicherweise Fehler gemacht hat, und deren Renomée nicht noch mehr beschädigt werden soll? Dann könnte man ja wenigstens einen der drei hier beteiligten Hauptakteure schätzen. Immerhin.

Aktualisierung vom 14.11.

Die NW berichtet: Für die Staatsanwaltschaft steht in dieser Angelegenheit Aussage gegen Aussage, so dass man nicht Anklage erheben möchte. Der Anwalt der betroffenen Studentin sieht das anders.

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zack and miri make a porno

Ich bin endlich dazu gekommen, Zack and Miri make a porno zu sehen, auch wenn mir ein Scherz aus dem Film schon länger bekannt gewesen ist. Als eher technisch ungebildeter Filmkritiker muss ich sagen: GEIL! BESTER FILM DES JAHRES! UNDBEDINGT ANSEHEN!

Dank Kevin Smith und seiner Riege ist der Streifen sowohl in Wort wie in Bild politische Unkorrektheit vom Feinsten!

Dazu kommt diese schöne neue Nummer von Live:

Interviews mit den Hauptdarstellern:

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vodafones werbeunfall

Die neue Werbekampagne von Vodafone ist schon andernorts durch die Mangel genommen worden. Die Werbeagentur Scholz & Friends zeichnet sich für das Projekt verantwortlich und die Verdenglischung, die die Agentur schon im Namen trägt, spiegelt sich auch im Projekt wieder.

Der Sache nach scheitert das Projekt grundsätzlich daran, dass irgendwelche PRler krampfhaft versucht haben, hippe Ideen in eine Werbekampagne zu gießen. Dafür hatten sie viel Geld, bunte Bilder, ein paar Blogger, etwas Mucke und eben keine hippen Ideen zur Verfügung. Und was macht man da? Man nimmt etwas, das man irgendwie als hippe Idee verkaufen kann und verwendet eben das.Und damit ist der Endkunde eben überfordert: Er soll neben dem Produkt auch noch eine hippe Idee kaufen, d.i. gedanklich akzeptieren, die unverständlich ist.

schnutingerRausgekommen ist dabei wie auf dem Plakat rechts die wohl verkorkteste Übersetzung von Free your mind, an die ich mich erinnern kann. Während man im Englischen mit solchen Formulierungen darauf abzielt, dass der Angesprochene eine erhöhte gedankliche Flexibilität an den Tag legt, klingt das im Deutschen nach der Befreiung aus einer Gefangenschaft.

Die Dame auf dem Plakat ist die Cartoonistin Schnutinger. Aber Text, Slogan („Es ist Deine Zeit“), buntes Bild, hübsche Frau, Knuddelkind, Laptop, Wiese, Großstadt und blauer Himmel war den PRlern noch nicht überzeugend genug, man musste zu Schnutinger auch noch dazu schreiben, sie sei Kabarettistin.

Tja, so ein Begriff ist eben weder geschützt noch genauer definiert. Als Netzkabarettistin fabriziert Schnutiger Video-Podcasts mit der Humor-Schiene von Käthe Lachmann. Und ebenso wie Lachmann trifft Schnutinger eben manchmal voll den Musikknochen und manchmal nichts, ohne dass ich an dieser Stelle das Gesamtwerk kritisieren möchte. Dazu bin ich nicht in der Lage.

Aber ich weiss nicht, was für einen Gefallen sich Vodafone gemacht hat, jemanden zu engagieren, der als Kabarettistin darlegt, dass man besser von Vodafone zur Telekom wechseln sollte.

Jaja, ich weiss: Das ist bestimmt der Witz der Nummer. Oder sowas. Ich find’s eben auf meine Art lustig. No offence, Mrs Schnutinger.

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zensursula kannitverstan

Bisher hat Zensursula ja noch keinen Nachnamen und da hätte ich was. Der Nachnahme bezieht sich auf das zweite Argumentationsprinzip der Zensursula. Das erste hatte ich dargestellt als das Bezugnehmen auf angebliche Tatsachen, deren Stichhaltigkeit für einen Mitdiskutanten innerhalb einer Diskussion nicht zu klären ist. Das zweite ist das Prinzip, zur Klärung eines Sachverhalts einzig und allein von selbstherbeigewunkenen Annahmen auszugehen. Davon handelt dieser Eintrag.

Kennt jemand noch die Geschichte Kannitverstan von Johann Peter Hebel? Eine sehr schöne Geschichte, man sollte sie sich des öfteren zu Gemüte führen.

Die Geschichte handelt von einem jungen deutschen Lehrling, der in Amsterdam landet. Dort kommt es zu sprachlichen Schwierigkeiten, da er nicht des Niederländischen und die Einwohner, auf die er trifft, nicht des Deutschen mächtig sind. Das Fatale ist, dass unser Lehrling diese Schwierigkeit nicht erkennt. Und so fragt er denn einen Amsterdammer, wem denn dies gar prächtige Haus gehört. Der Amsterdammer antwortet nur mit „Kannitverstan!“. Und so fragt er sich durch Amsterdam. „Wem gehört das Schiff und all die prächtigen Waren?“ – „Kannitverstan!“ – „Wer wird denn dort gerade so groß beerdigt?“ – „Kannitverstan.“ Kannitverstan. Kannitverstan. Der Lehrlich ist restlos begeistert vom Reichtum des Herrn Kannitverstan und etwas betrübt ob seiner Beerdigung.

Ich habe anfangs gedacht, dies sei nur eine kleine, lustige Geschichte mit einfachem Kniff. Aber man kann sie auch anders deuten: Der Lehrling ist für das Begreifen der Angelegenheit, die er im Auge hat, nicht kritisch genug. Er begnügt sich mit seinem kleinen geistigen Horizont und probiert, auf dieser Grundlage die Angelegenheit zu verstehen. Und eben das geht grandios und besser gesagt fahrlässig in die Hose: Er hinterfragt nicht seine Ausgangsposition, er holt sich keine sachkundige Hilfe und bleibt auf Grund seiner engstirnigen Haltung zu einer Ansicht, die sich nicht mit der realen Welt deckt. Nichtdestotrotz bleibt er dabei.

Und genau so ist das mit Zensursula auch.

Der Bundesrat hat heute das Stoppschildgesetz durchgewunken und freudig publiziert Zensursula einen Text auf ihrer Internetseite. Dort heisst es dann:

„Es gilt der Grundsatz Löschen vor Sperren. Wenn die Strafverfolgungsbehörden nicht an die Quellen herankommen, dann sind künftig alle Zugangsanbieter in Deutschland verpflichtet, die vom BKA identifizierten Inhalte zu sperren“, so die Bundesfamilienministerin weiter.

Und gebetsmühlenartig sei es wiederholt:

KEIN EINZIGER INHALT WIRD GESPERRT.

Nada. Niente. Nothing. Es werden lediglich Adresswege gesperrt, wobei auf die Inhalte ohne Probleme weiterhin zugegriffen werden kann.

Mann muss schon Politiker sein, um das zu glauben. Ihren Kollegen kann diese Bundesministerin sicher auch vormachen, durch das Verbot von Zigarettenfiltern könne man dem Zigarettenkonsum den Kampf ansagen. Und jeder, der sich gegen ein so begründetes Vorhaben wendet, wird nach altbekanntem Vorgehen als Befürworter von Krebserkrankungen stigmatisiert.

Entweder glaubt Frau von der Leyen an ihre unhaltbare Sperrungsargumentation oder sie argumentiert vorsätzlich falsch, nur um Meinungsmehrheiten zu bekommen.

Jeder, der auch nur ansatzweise, die sachliche Argumentation von der Leyens auf Stimmigkeit prüfen möchte, kommt schnell an seine Grenzen: Kannitverstan.

Kannitverstan. Kannitverstan.

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keine spielchen mit vaya con dios

Dieter Gorny hat ja letztens mal in einem Interview gemeint, die Qualität der Musik, für deren Verkauf er steht, habe nicht abgenommen. Das finde ich sehr zweifelhaft. Eine der beeindruckensten Stimmen, die mir aus den 90ern geblieben sind, ist die von Dani Klein, der Frontfrau von Vaya con Dios. Die Band verkörperte sowohl Eindringlichkeit wie auch Ernsthaftigkeit, dazu eine sagenhafte Stimme. Ich kenne aus den letzten Jahren nichts Vergleichbares.

In Anbetracht des Musikstils von Vaya con Dios verwundert es nicht, dass die Band 1996 auseinander ging, als Dani Klein grundsätzliche Identifikationsschwierigkeiten mit ihr hatte. Glücklicherweise ist Dani Klain als Vaya con Dios 2004 mit einem wirklich schönen Album zurück gekommen. Derzeit tourt sie mit unter dem Titel des Albums „The promise“ durch Europa. Und des weiteren darf man gespannt sein auf das kommende, französischsprachige Album, das gerade abgemischt wird.

Die Wartezeit verkürze ich mal mit einer Live-Aufnahme des Hits „What’s a woman“, der belegt, dass eine gewisse Wirkung nach wie vor von Vaya con Dios ausgeht..

Daneben ist auch dieses Aufeinandertreffen von Dani Klein mit Wouter Deprez interessant. Sie hebt heraus, dass sie es verwunderlich findet, dass Deprez zur künstlerischen Darstellung seiner Persönlichkeit auf Lügen zurückgreift, weil er meint, dass sein eigentlicher Charakter nur für eine Viertelstunde interessant sei. Nach Klein sei aber das Leben zu kurz für derartige Spielchen. Und ich kann mir nicht helfen: irgendwie kenne ich doch diese Haltung aus ihren Liedern.

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die putzigkeit der provinzpolitik

Auch in meiner kleinen Heimatstadt ist der Wahlkampf ausgebrochen und irgendwie kommt es mir so vor, als ob es noch nie so putzig zugegangen ist.

schulevorbeiEs fängt an mit so klassischem „Die andern sind voll doof“-Plakaten, diesmal von der CDU. Die weiss nämlich, dass die Rot-Rot-Grünen bis auf die Grundschule so ziemlich alles abschaffen wollen. Da scheint ja jemand seine Macht im Wanken zu sehen, wenn er derart Ängste schüren muss. Aber gut, das ist klassisch, darüber kann man hinweg sehen. Es gab wohl noch keinen Wahlkampf, in dem die CDU nicht auf Angstmacherei zurückgegriffen hat.

Loeffelbieger Dies ist nicht die einzige etwas seltsam daherkommende Wahlwerbung. Das links im Bild ist der Dieter Jasper. Mehr erfährt man vorerst nicht. Für welche Inhalte er steht, welcher Partei er angehört, weswegen man ihn wählen soll: Weiss der Geier oder weiss er nicht. Immerhin kennt er seinen Namen, das ist ja auch schon mal etwas. Und schauen sie mal in ihr Besteckfach, vielleicht haben sich inzwischen die Löffel verbogen.

Termin ist klarNach Streitigkeiten in der lokalen SPD ist ein Mitglied zu den Linken gekommen und nun hat man die Linken immerhin schon einmal auf der Rechnung. Bisher bleibt die Partei vor Ort allerdings mehr als blass. Eine Positionierung ist noch nicht erkennbar. Das Fehlen von Inhalten, das uns später noch einmal begegnen wird, spiegelt sich auch auf ihren Wahlplakaten wieder: Anstelle irgendeines Inhaltes weist man auf den Tag der Kommunalwahl hin.

wuerschtelVon der SPD hat sich ein weiteres kleines Trüppchen abgesetzt und eine eigene Wählervereinigung gegründet. Da zwei der Ex-SPDler ihr Ratsmandat mitnahmen, kam die Vereinigung namens IfI gleich in den Genuß, Fraktionsstatus zu haben. Dies brachte einige Unbekannte dazu, Aufkleber wie den links zu sehenden hier und da anzubringen.
Die IfI selber unterstützte einen etwas eigensinnigen Politikgauckler, der sich irgendwie wichtig vorkam.

Eine weitere Juxvereinigung hat sich unter dem Namen Huckeducks Universum im Internet breit gemacht. Unter der Leitung des Straßenkehrers Heinrich Pröttkenkrögel, hier links im Bild, starten auch sie ein Auflehnen gegen untragbare, politische Missstände.

In der Lokalzeitung begann dann eine auf kurzen Stichworten basierende Vorstellung von Kandidaten für den Stadtrat. Und auch hier ist ein gewisser Schalk nicht abzuweisen:

kandidaten Der Familienstand des CDU-Kandidaten ist „in Warteschleife“. Wenn das reale Leben mit den Wertvorstellungen einer christlichen Partei etwas revolutionär umgeht, dann erfindet man sich eben lustige Metaphern. Zur Wahl als derzeitigem Status stehen den Mitgliedern noch: „In Lauerstellung“, „Auf Abruf“, „Auslaufend“ und „Seehofernd“. Und gleich bei den Hobbies geht es dann los mit der Welterklärung: Dort ist er interessiert an „Psychologie in Verbindung mit dem gesunden Menschenverstand“. Als ob der gesunde Menschenverstand nicht genau das ist, was Psychologie unter anderem untersucht. Und die Ansicht, dass Theorie das Eine ist, und Praxis etwas ganz anderes, das hat schon Kant vor Jahrhunderten auseinander genommen.

Der FDP-Kandidat kann wohl eigentlich nichts gut, will aber dennoch gewählt werden, damit sich Arbeit wieder lohnt. Was das mit Kommunalpolitik am Hut hat, hmmm, könnte man Herrn Jaspers fragen. Vielleicht kann er auch einfach nur gut Bindestriche ziehen, dass hat der FDPler bei fast der Hälfte der Fragen getan.

Die IfI schickt einen Motorrad fahrenden Punktesammler in Flensburg ins Rennen. Na, da hoffen wir mal, dass es nur überhöhte Geschwindigkeit ist und kein Alkohol am Lenkrad.

Bei den Linken steht ein musikhörender Fotograf auf der Liste. Politische Ziele hat er keine. Aber gut schaut er aus auf dem Foto. Fotografieren liegt ihm halt. Vielleicht will er auch einfach nur ein wenig Musik hören und knipsen und irgendein Bekannter hat ihn einfach spaßeshalber mal auf eine Ratsbewerbungsliste gesetzt.

Und was ist mit den Grünen und der SPD? Ist bei denen alles ein Kindergeburtstag? Nun, wie überall muss die SPD heftig strampeln, um nicht von der Bundespartei in einen Abwärtsstrudel gezogen zu werden. Ob da eine neue Internetseite hilft, bleibt abzuwarten. Die Grünen bauen auf Sympathie, wenn man ihre Wahlplakate anschaut. Diese sind, das kann man unparteiisch sagen, von den derzeit Bekannten wohl die Gelungensten.

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