vodafones werbeunfall

Die neue Werbekampagne von Vodafone ist schon andernorts durch die Mangel genommen worden. Die Werbeagentur Scholz & Friends zeichnet sich für das Projekt verantwortlich und die Verdenglischung, die die Agentur schon im Namen trägt, spiegelt sich auch im Projekt wieder.

Der Sache nach scheitert das Projekt grundsätzlich daran, dass irgendwelche PRler krampfhaft versucht haben, hippe Ideen in eine Werbekampagne zu gießen. Dafür hatten sie viel Geld, bunte Bilder, ein paar Blogger, etwas Mucke und eben keine hippen Ideen zur Verfügung. Und was macht man da? Man nimmt etwas, das man irgendwie als hippe Idee verkaufen kann und verwendet eben das.Und damit ist der Endkunde eben überfordert: Er soll neben dem Produkt auch noch eine hippe Idee kaufen, d.i. gedanklich akzeptieren, die unverständlich ist.

schnutingerRausgekommen ist dabei wie auf dem Plakat rechts die wohl verkorkteste Übersetzung von Free your mind, an die ich mich erinnern kann. Während man im Englischen mit solchen Formulierungen darauf abzielt, dass der Angesprochene eine erhöhte gedankliche Flexibilität an den Tag legt, klingt das im Deutschen nach der Befreiung aus einer Gefangenschaft.

Die Dame auf dem Plakat ist die Cartoonistin Schnutinger. Aber Text, Slogan („Es ist Deine Zeit“), buntes Bild, hübsche Frau, Knuddelkind, Laptop, Wiese, Großstadt und blauer Himmel war den PRlern noch nicht überzeugend genug, man musste zu Schnutinger auch noch dazu schreiben, sie sei Kabarettistin.

Tja, so ein Begriff ist eben weder geschützt noch genauer definiert. Als Netzkabarettistin fabriziert Schnutiger Video-Podcasts mit der Humor-Schiene von Käthe Lachmann. Und ebenso wie Lachmann trifft Schnutinger eben manchmal voll den Musikknochen und manchmal nichts, ohne dass ich an dieser Stelle das Gesamtwerk kritisieren möchte. Dazu bin ich nicht in der Lage.

Aber ich weiss nicht, was für einen Gefallen sich Vodafone gemacht hat, jemanden zu engagieren, der als Kabarettistin darlegt, dass man besser von Vodafone zur Telekom wechseln sollte.

Jaja, ich weiss: Das ist bestimmt der Witz der Nummer. Oder sowas. Ich find’s eben auf meine Art lustig. No offence, Mrs Schnutinger.

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zensursula kannitverstan

Bisher hat Zensursula ja noch keinen Nachnamen und da hätte ich was. Der Nachnahme bezieht sich auf das zweite Argumentationsprinzip der Zensursula. Das erste hatte ich dargestellt als das Bezugnehmen auf angebliche Tatsachen, deren Stichhaltigkeit für einen Mitdiskutanten innerhalb einer Diskussion nicht zu klären ist. Das zweite ist das Prinzip, zur Klärung eines Sachverhalts einzig und allein von selbstherbeigewunkenen Annahmen auszugehen. Davon handelt dieser Eintrag.

Kennt jemand noch die Geschichte Kannitverstan von Johann Peter Hebel? Eine sehr schöne Geschichte, man sollte sie sich des öfteren zu Gemüte führen.

Die Geschichte handelt von einem jungen deutschen Lehrling, der in Amsterdam landet. Dort kommt es zu sprachlichen Schwierigkeiten, da er nicht des Niederländischen und die Einwohner, auf die er trifft, nicht des Deutschen mächtig sind. Das Fatale ist, dass unser Lehrling diese Schwierigkeit nicht erkennt. Und so fragt er denn einen Amsterdammer, wem denn dies gar prächtige Haus gehört. Der Amsterdammer antwortet nur mit „Kannitverstan!“. Und so fragt er sich durch Amsterdam. „Wem gehört das Schiff und all die prächtigen Waren?“ – „Kannitverstan!“ – „Wer wird denn dort gerade so groß beerdigt?“ – „Kannitverstan.“ Kannitverstan. Kannitverstan. Der Lehrlich ist restlos begeistert vom Reichtum des Herrn Kannitverstan und etwas betrübt ob seiner Beerdigung.

Ich habe anfangs gedacht, dies sei nur eine kleine, lustige Geschichte mit einfachem Kniff. Aber man kann sie auch anders deuten: Der Lehrling ist für das Begreifen der Angelegenheit, die er im Auge hat, nicht kritisch genug. Er begnügt sich mit seinem kleinen geistigen Horizont und probiert, auf dieser Grundlage die Angelegenheit zu verstehen. Und eben das geht grandios und besser gesagt fahrlässig in die Hose: Er hinterfragt nicht seine Ausgangsposition, er holt sich keine sachkundige Hilfe und bleibt auf Grund seiner engstirnigen Haltung zu einer Ansicht, die sich nicht mit der realen Welt deckt. Nichtdestotrotz bleibt er dabei.

Und genau so ist das mit Zensursula auch.

Der Bundesrat hat heute das Stoppschildgesetz durchgewunken und freudig publiziert Zensursula einen Text auf ihrer Internetseite. Dort heisst es dann:

„Es gilt der Grundsatz Löschen vor Sperren. Wenn die Strafverfolgungsbehörden nicht an die Quellen herankommen, dann sind künftig alle Zugangsanbieter in Deutschland verpflichtet, die vom BKA identifizierten Inhalte zu sperren“, so die Bundesfamilienministerin weiter.

Und gebetsmühlenartig sei es wiederholt:

KEIN EINZIGER INHALT WIRD GESPERRT.

Nada. Niente. Nothing. Es werden lediglich Adresswege gesperrt, wobei auf die Inhalte ohne Probleme weiterhin zugegriffen werden kann.

Mann muss schon Politiker sein, um das zu glauben. Ihren Kollegen kann diese Bundesministerin sicher auch vormachen, durch das Verbot von Zigarettenfiltern könne man dem Zigarettenkonsum den Kampf ansagen. Und jeder, der sich gegen ein so begründetes Vorhaben wendet, wird nach altbekanntem Vorgehen als Befürworter von Krebserkrankungen stigmatisiert.

Entweder glaubt Frau von der Leyen an ihre unhaltbare Sperrungsargumentation oder sie argumentiert vorsätzlich falsch, nur um Meinungsmehrheiten zu bekommen.

Jeder, der auch nur ansatzweise, die sachliche Argumentation von der Leyens auf Stimmigkeit prüfen möchte, kommt schnell an seine Grenzen: Kannitverstan.

Kannitverstan. Kannitverstan.

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