thomas gottschalk – herbstblond

Autobiographien unterliegen immer der Ausgangsschwierigkeit, dass der Autor die Sache gar nicht ganz oder gerecht erfasst hat, obwohl er doch selbst meist dabei war. So ist das leider auch mit Thomas Gottschalk. Der Erfolgsmoderator von Wetten, dass ..? hat kaum eine Erklärung für den Erfolg der Sendung, seinen Anteil daran, und kann die unpassenden Rettungsversuche, mit dem man das Publikum verschreckte, nicht passend einschätzen. Was seine Ausführungen zu Jackass in diesem Schmöker zu suchen haben – ein einziges Rätsel. Als zu lesendes Buch ist die erste Hälfte zudem von ausgesuchter Langweiligkeit: Sein Publikum hat ihn immer geliebt. Der Kritikeranspruch an seine Sofainterviews waren zu hoch. Dass ihm vorgeworfen wurde, sich nicht für das Gesagte zu interesseren – bei Wetten, dass..? wie bei Gottschalk live – das scheint er nicht erfasst zu haben.

Da ist das Hörbuch wesentlich besser, das legt man nicht so schnell weg. Tiefe gewinnt das auch nicht, aber immerhin hat man am Ende eine Kreisler-Interpretation Gottschalks, die noch das beste am ganzen Hörbuch ist. Das erinnerte mich dann auch an eine Episode in Gottschalks Leben, die er unter den Tisch fallen lässt: Das peinliche What happened to Rock ’n‘ Roll. Das war kein Rock ’n‘ Roll, das war ungelenk, unrockig und unpassend. Man merkte damals, dass er kein Gespür hatte, ob das, was er cool fand, in dieser Form auch cool war. Und dass er damit auch nicht überzeugte, so sehr die Fernsehnation ihn liebte.

Im zweiten Teil des Buches kommt Gottschalk besser in Fahrt, wenn er Dieter Bohlen kritisiert. Das ist treffend und informativ. Dass er seine Vorabendshow besser alleine hinbekommen hätte und dass das Format School’s out irgendwie bemerkenswert wäre, das sind Gedanken, die man ihm lassen kann, sie interessieren sonst kaum jemanden.

Aber wenn man Gottschalk vorlesen hört, ist er zweifeilsohne der sympathische Thommie, da ist er nahe dran an dem Gottschalk, den Fernsehdeutschland so liebte: Derjenige, der überraschend in irgendwelche Situationen geworfen wird, aus denen er sich mit Humor, dem richtigen Gespür für die Situation, dem passenden Ton, einem Lächeln und guter Laune herauswindet. Ist es wirklich so schwer, daraus heutzutage eine Fernsehsendung zu machen?

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jane teller – nichts

jannetellernichtsDieses Buch wurde in Dänemark schon 2000 aufgelegt, schaffte es aber erst 2010 in deutscher Übersetzung in hiesige Bücherläden. In Dänemark verursachte das Buch einen kleinen Skandal – und das nicht ohne Grund.

Das Buch handelt von einer Gruppe Jugendlicher, die sich von einem ihre Mitschüler provoziert fühlt. Dieser steht einges Tages in der Klasse auf und verkündet, dass seiner Meinung nach nichts in der Welt von Bedeutung sei. Daraufhin schaffen die Jugendlichen einen Schrottberg, auf dem sie Dinge verbrennen, die ihnen wichtig sind. Die Aktion artet in psychischer und körperlicher Gewalt aus.

Janne Tellers Roman, zu dem es bei Wikipedia eine ausführliche Inhaltsangabe gibt, besticht durch sprachliche Präzision und einer nervenaufreibenden Geschichte. In bezug auf Jugendgewalt ist der Roman nicht zimperlich, was für einige, aber sicherlich nicht alle Jugendliche realitätsfern ist. Insofern ist dieser Buchtipp vielleicht nicht für jeden Schüler etwas, aber gerade für eine Befassung mit dem Thema Jugendgewalt und Werte ist das Buch eine geeignete Vorlage.

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michel houellebecq – unterwerfung

Es ist schon verwunderlich, wie in letzter Zeit rund um das Attentat auf Charlie Hebdo der Schriftsteller Michel Houellebecq als intellektuelles Gegengewicht zum Islamismus gehandelt wurde. Dabei hatten die Wenigsten sein Buch gelesen und ich vermute, viele, die in Zeiten des Houellebecq-Hypes seinen neuesten Schmöker angeschafft haben, werden ernüchtert sein.

Houellebecq liefert keinen provokanten Roman über Ängste einer Islamisierung des Alltags. In seiner Geschichte wird in erstaunlich kurzer Zeit Frankreich dank einer Regierung einer muslimischen Partei und dank ausgesprochen opportunistisch Mitbürger auf links gekrempelt. Und das so unspektakulär wie unglaubwürdig. Punktet Houellebecq anfangs noch mit einer Spießerkritik von Uni-Absolventen, die sich nach dem Ende des Studiums bereitwillig der ätzenden Eingliederung in die Arbeitswelt ergeben, kippt der Roman spätestens beim oblikatorischen houellebecqschen Rumgebumse: Schon wieder werden da Schwänze und Arschlöcher saubergeleckt, und Schwänze anschließend in nassfeuchte Mösen gestoßen. Alles schon gehabt, alles uninspirierend, nicht provokant und erotisch soll es wohl gar nicht sein, denn das Leitmotiv lautet ja Unterwerfung. Es liest sich wie ein Pornodrehbuch, nur dass Pornos eben keine Drehbücher haben.

Der Rest ist Katholikenkitsch, Nietzschegesäusel und gelebte, sich der Antiaufklärung ergebene Befindlichkeit. Ein Dawkins der Literatur, nicht mehr, nicht weniger.

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thomas harlan – veit

Vor vier Jahren entdeckte ich Thomas Harlan für mich. Schon merkwürdig, wer alles so am eigenen Radar vorbei geht. Wenn ich mich recht erinnere, war das auch nur beim Durchzappen von YouTube, den genauen Anlass kenne ich nicht mehr. Nun kam mir auf dieselbe beiläufige Weise sein letztes Buch unter die Augen: Veit. Vom Sterbebett aus diktierte der Sohn von Veit Harlan ein letztes Mal seinen Kampf gegen den Vater, von dem er auf dessen Sterbebett noch etwas Einsichtsvermögen wahrgenommen hat. Er rang auch zum Schluss noch mit dem an die Nationalsozialisten verkauften künstlerischen Erbe, mit dem Unvermögen des Vaters, sich der eigenen Schuld rechtzeitig zu stellen. Das mag man bedauerlich finden oder konsequent. Das Buch ist nicht ohne Tücken, aber gerade ob der Sprachgewalt Thomas Harlans beeindruckend.

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jens johler – kritik der mörderischen vernunft

buchleser Lauer Krimi würde diesem Schinken eher gerecht als die Bezeichnung Thriller. Ein Killer namens Kant macht Jadg auf Gehirnforscher. So befürwortenswert die Grundidee manchem sein mag, so uninspiriert ist die Ausführung dieser Geschichte: Spannung kommt nicht auf, sprachlich ist das Buch mau und die Kant-Anspielungen ragen über ein Durchlesen der Wikipedia-Artikel zu Kant auch nicht hinaus – vielleicht abgesehen von dem vorangestellten, und grob missverstanden ausgelegtem Ausgangszitat. Kant ist ein plumper, nicht intelligenter Aufhänger und wähnt den Leser in tiefere Sphären als der Schmöker einzulösen vermag. Für Krimiallesleser allerdings durchaus geeignet.

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adriana altaras – doitscha

buchleser Dieses Buch hat mich doch sehr irritiert. Es wird von Kritikern durchaus gelobt, nur kann ich dem nichts abgewinnen. Eine jüdische Mutter hat ihr Familienleben, dass von der energischen Auseinandersetzung ihres Sohnes David mit dem münsterländischen Vater geprägt ist, zu organisieren. Hierbrei treffen Temperament und Identitätsfindung aufeinander.
Es fehlt dem Buch an sprachlichem Niveau, wobei es nicht bodenlos schlecht formuliert ist, nur eben reizarm, nicht erhellend, platt. Es ist eine Art Gaby Hauuptmann für eine jüdische Protagonistin. Wenn diese allerdings jüdisch als genetisch vererbt betrachtet und auch sonst jüdisch eher ein Accessoir als Überzeugung ist, verkommt die ganze Geschichte zu Plapperei.

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carl zuckmayer – geheimreport

Offen gestanden kenne ich nur wenige der in diesem Buch beschriebenen Personen. Aber das scheint mir gar nicht so wichtig, denn Zuckmayers meinungsstarker, pointierter Stil setzt den mir bekannten scharfe Konturen und den anderen immerhin ein verständliches Bild. Man hat es hier mit dem Rückgrat eines wortreichen Schriftstellers zu tun, der versucht, unverlogen und fair gegenüber den Rollen der anderen zu sein.

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caroline L. jensen – frau bengtsson geht zum teufel

buchleser Die Autorin hat wohl in Schweden vor diesem Machwerk mit einer Pornobeichte Erfolg gehabt. Mein Interesse weckte dieses Werk durch das Youtube-Video. Beim Lesen dieses Gott-Teufel-Hausfrau-Schinkens wartete ich immer irgendwie darauf, dass der große Witz noch um die Ecke schaut – vergebens. Eine nette, kurzweilige Unterhaltung bietet der Schmöker, aber wieso ich den gelesen habe, weiß ich hinterher eigentlich nicht mehr so genau.

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hape kerkeling – der junge muss an die frische luft

buchleser Dieses Buch ist wohl eher etwas für Fans des aktuell mit zu den bedeutendsten Komikern zählenden, gebürtigen Recklinghauseners.
Kerkeling erzählt von einer fröhlichen Kindheit, die vom Tod seiner Mutter überschattet wird, welcher allerdings auch der Fixpunkt für Kerkelings spätere Karriere zu sein scheint. Sicherlich ist diese Tragödie wesentlich für ein Verständnis von Kerkelings Kunst, der Rest des Buches kommt allerdings etwas schwärmerisch-spirituell und banal daher. Insofern sollte man den Autor schon kennen, um etwas vom Buch zu haben.

Um keinen falschen Eindruck zu hinterlassen. Ich habe von der ersten Phase Kerkelings Humor ungemein gezehrt und gelernt, konnte die Aben Hannilein & Co., Erwarnten se nix und Kein Pardon mitsprechen. Allerdings habe ich den Schnitt danach nicht verstanden. Hape Kerkeling war in all seinen Spielfilmen, in seinen Shows und Aktionen weiterhin ungemein sympathisch, aber eben auch so routiniert, dass der spontane Witz verloren ging. Und auch sein Spiel mit der Kamera ließ er sein. Im Buch erklärt er diese Veränderung nicht. Es wundert mich auch, dass Angelo Colagrossi mit keiner Silbe erwähnt wird. Aber vielleicht erscheint ja einmal eine Fortsetzung der Biographie.

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