verachtenswerte werbung (1): pocher hier nicht rum

Will man werben, muss man sich was einfallen lassen. Das weiss jeder Single. Das gilt aber genauso für kommerzielle Werbung. Anfangs galt es, den Verbraucher von der Wirksamkeit des beworbenen Produkts zu überzeugen. Der Verkaufsdruck wurde aber immer größer. Irgendwann nahm man von der tatsächlichen Überzeugung des Verbrauchers Abstand. Ihm wurde geschmeichelt („Heute ein König!“), er wurde erheitert oder ihm wurde eben nur noch Coolness („Queen of table-water“) oder Seriösität („Wir haben für Sie getestet!“) vorgegaukelt. Unterm Strich heisst das, dass die Werbung deutlich persönlicher gemacht wurde- ohne die Personen tatsächlich zu kennen, noch Rücksicht auf irgendetwas zu nehmen.
Die nächste Stufe war: Er wurde provoziert („Ich bin doch nicht blöd!“). Aktuell soll wohl mit folgender Werbung versucht werden, diverse Dinge zu kombinieren: Schmeichelung, Provokation, Humor und Coolness.

Junge Menschen, nette, moderne, farbdurchdachte Wohnung, Sie fein gekleidet, Er leger. Es ist ein sonniger Tag, beide agieren zielbewusst. Bis dahin ist alles okay. Dann stopft Sie Fleisch in den Toaster. Und um locker, cool und megatrendy zu übertönen, dass die Blondine da gerade für das Stück Fleisch keine Pfanne rausgeholt hat, sondern den Toaster, lässt man ihren Mitbewohner durch die Decke in den Garten katapultieren, weil dieser das Fleischstück zuvor „Schnitzel“ genannt hat. Vielleicht wollte er ihre spontan einsetzende Geisteskrankheit herunterspielen oder vielleicht hat’s bei der teueren Einbauküche für einen Backofen oder eine Herdplatte einfach nicht mehr gereicht. Das bleibt im Unklaren. Eine dumpfe, coole Stimme meint nur halb zum Mitbewohner, halb zum Zuschauer: „Don’t call it Schnitzel!“

Das hatte ich nie vor, du Eumel! So wenig wie in meinen Toaster was anderes zu stecken als gottverdammtes Toast. Will mir als nächstes jemand Socken andrehen, die man zum Trocknen im Staubsauger festklemmt? Wenn ihr mir schon persönlich kommen wollt, dann doch bitte mit mehr Niveau. Aber spätestens dieser Spot läutet die allgemeine VerPocherisierung der Werbung ein, der man immer wieder sagen sollte: Das ist kein Humor, das ist nur ein scheiternd debiler Versuch, lustig und geistreich zu sein. Fachbegriff „Pocher“. Also, lieber Storylineerfinder: Pocher hier nich rum! Das braucht keiner. Und: Essfleisch gehört in die Pfanne, in den Backofen oder auf den Grill. Es in den Toaster zu stecken ist fast schon eine Verhöhnung der getöteten Tiere. „Wir manschen euch so zusammen, dass ihr in Haushaltsgeräte passt, die nicht zur Erwärmung von Fleischgerichten erfunden wurden. Als nächstes schieben wir euch ins CD-Laufwerk.“
Können Sie mir das ausschließen?

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verachtenswerte werbung (2): bierseliges weltretten

Ich habe in einer vorhergehenden Aufzeichnung geschrieben, welche unterschiedlichen Arten es gibt, auf denen kommerzielle Werbung dem Verbraucher nahe tritt. An dieser Stelle möchte ich der besch…ensten Art alle Ehre machen.
Ein großer deutscher Bierhersteller wirbt mit TV-Größe Günter J. dafür, dass man für jede Kiste ihres Getränks einen 1m² Regenwald bekommt. Trinkt Alkohol und ihr seid moralisch gut. Ihr rettet den Regenwald. Das sollte euch der Kauf unseres Getränks doch wert sein.
Ich gönne der Firma ihre Profite, ich unterstütze das Kaufen von Getränken in Getränkemarken, aber dieses verlogene Gutsein, was durch diese Werbeaktion heraufbeschworen wird, ist schon eine derbe Angelegenheit. Ich hadere immer damit, wenn kommerzielle Produkte mit einer moralischen Farbe angestrichen werden. Was hat Bier mit dem Regenwald zu tun? Verschuldet sich die Bierbrauerei etwa dabei, wenn es neben dem Bier noch ein Stück Regenwald rausgibt? Was kostet denn das wohl?

Nun, früher einmal kostete 1 Hektar Regenwald 200 DM, das wären keine 100€. 1 Hektar sind 10.000m². Das bedeutet, dass 1m² Regenwald 2 Cent kostete. Von drastischen Preissteigerungen beim Regenwaldsquadratmeter habe ich in letzter Zeit nichts vernommen.

Braucht es für Sie auch nicht mehr als 2 Cent, um sich als Gutmensch zu fühlen? Dann erkläre ich ihnen kurz, wie man sich noch besser fühlen kann. Kaufen Sie eine Billigbiermarke und stellen Sie diese kalt. Kalt schmecken die meisten Biere ähnlich. Und die 3-6 € Unterschied zur K*-Kiste spenden Sie. Das wär mal eine Aktion. Und sie müssten noch nichtmal scheinheiligen Moralisten anheim fallen.


Link: Regenwald.org

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du musst besoffen bestellen

Von den Schweizern höre ich abgesehen von Züri West und Lunik in musikalischer Hinsicht wenig. Vielleicht haben sie mit allem, was an Textaufsaggeschwindigkeit die Songs von DJ Bobo übersteigt, so ihre Probleme. Zumindest im Radio scheinen sie die Musiktexte kaum zu verstehen:

Cutting Crew: I’d just died in your arms tonight (Du musst…)
[flash]http://media.energyzueri.com/web/morgenshow/anneliesebraun/080205ab.mp3[/flash]

Roxette: Listen to your heart (Dorum bist du so ene Schießuhr heut?)
[flash]http://media.energyzueri.com/web/morgenshow/anneliesebraun/080206ab.MP3[/flash]

NeK: Laura non c’e
[flash]http://media.energyzueri.com/web/morgenshow/anneliesebraun/080129ab.mp3[/flash]

Cindy Lauper: Girls just wanna have fun
[flash]http://media.energyzueri.com/web/morgenshow/anneliesebraun/080201ab.mp3[/flash]

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der singende einstein

In den letzten Posts habe ich einen kleinen, musikalischen Blick nach Russland und nach Holland geworfen. Diesmal werfe ich ihn nach Posen in Tschechien. Dort ist mittlerweile Luboš Motl gelandet, den ich kennenlernte, als er noch Dozent in Harvard und ferner Spezialist für die String-Theorie gewesen ist. Man braucht etwas Zeit für Luboš und vielleicht muss man auch etwas schmerzfrei sein. Tasten wir uns also langsam heran. In diesem Video „covert“ Luboš Motl die Titelmelodie der tschechischen Version von Tom & Jerry:

So weit, so gut? Fein. Bereit für den nächsten Schritt? Luboš Motl hat dem Karaoke-Singen seine eigene Note beigefügt. Es braucht seine Zeit, aber irgendwann erfasst den Zuhörer diese Kunstform.

Luboš Motl – Always [~5MB]
[flash]http://motl.bplaced.net/always.mp3[/flash]

Luboš Motl – Gimme gimme gimme (a man after midnight) [~4MB]
[flash]http://motl.bplaced.net/abba-gimme.mp3[/flash]

Luboš Motl – Bohemian rhapsody [~5MB]
[flash]http://motl.bplaced.net/queen-bohemian-rhapsody.mp3[/flash]

Luboš Motl – Babitschka (Pferde stählen ???) [~3,2MB]
[flash]http://motl.bplaced.net/gott-babitschka.mp3[/flash]

Luboš Motl – Losing my religion [~3,9MB]
[flash]http://motl.bplaced.net/rem-religion.mp3[/flash]

Man beachte auch, wie man beim Titel „Losing my religion“ den Religionsverlust geradezu miterleben kann. Heutzutage scheint er unter die Videokünstler gegangen zu sein, was es aber auch nicht gerade leichter macht, ihn zu verstehen:

Luboš Motl bei Wikipedia

Und in die F.A.Z. hat Motl es auch schon gebracht.

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duffy – rockferry (album)

DuffySchon wieder ein Album-Tipp. Wem Amy Winehouse einen Tacken zu exaltiert daherkommt, für den ist Duffy eine Offenbahrung. Das Album ist voller souliger Songs, die sich angenehm abends im Raum ausbreiten können. Musik zum nebenherhören oder Wein trinken. Unterstützt wurde sie produzententechnisch von Bernard Butler, der kreativen Hälfte von Suede. Einen Lieblingssong habe ich bislang nicht, dies ist ein Album, dass man laufen lässt und irgendwann merkt man sich, wie man dies und das auf dem Album wiedererkennt.

Duffy – Rockferry:

Bei Amazon kann man in das Album reinhören.

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nachrichtenkompetent

Feed me! Nein, dies wird kein Eintrag darüber, dass ich gerade Pfunde verliere oder über die Verschließpackungsdiäten anderer, sondern über Nachrichtenaufnahme.
Ein basaler Grund der Internetbenutzer ist es ja, an Nachrichten zu gelangen. Hat man erst einen PC, fällt die Frage weg, ob man durchs Fernsehen oder die tägliche Zeitungslektüre nicht besser versorgt werden würde. Dieser neuartige Flimmerkasten hat den Reiz des Modernen. Man reagiert auf den Reiz eher als auf den Inhalt, was einen zum Opfer macht.
Ich gehöre auch zu Es-derart-Bequemhabenwoller, keine Frage. Ich lese nicht die Intouch, die auch von diesem Trend leben, aber meine Startseite war lange Zeit die Newsseite von Google. Das Argument für diese Seite war, das die „besten“ Informationen aller Nachrichtenseiten dort zusammen gefasst werden. Die Nachrichtenseiten beklagten, dass ohne Gegenleistung von ihrer Arbeit dort profitiert werden würde. Rein rechtlich ist das nicht relevant geworden. Rein persönlich war es mir auch nicht relevant. Zeitungen müssen ausspielen, dass sie „aus einem Guss“ ihre Weltsicht darlegen. Ansonsten sind sie so austauschbar wie der Inhalt von Googles Newsseite.
Dann las ich einmal die Haltung Josep Weizenbaums zu Suchmaschinen, knackig formuliert als Vergessen Sie Google. Darin sagt er, wer über Google etwas sucht, gelangt doch eher selten zu genau dem, was er zu suchen beabsichtigt. Das stimmt. Man gelang zwar meist zu ganz brauchbaren Suchergebnissen, aber mit diesen ist die eigene Suche noch lange nicht beendet. Google vergessen kann man leider nicht, dazu dominiert es zu sehr das Internet. Aber bewusst Abstand halten, kann man. Scroogle bietet schon einmal die Google-Suchergebnisse ohne Werbung, allerdings auch ohne Bildersuchmöglichkeit. Aber die benötigt man auch eher selten, solange man eher sachliche Information haben möchte.
Aber zurück zu den Nachrichten. Viele kennen es, manche noch nicht: Das kleine Firefox Hilfswerkzeug Brief. Dadurch kann man Nachrichten von Blogs abbonieren. Die „durchsucht“ man zwar auch noch nach Relevanz, so ganz geht das nicht ohne, aber man schaltet immerhin z.b. zeitraubende Klatschpressentratsch ab und wird somit besser informiert. Und ich fühle mich tatsächlich in den Bereichen, die mich interessieren, besser informiert, habe das Gefühl, weniger Unsinn aufnehmen und verarbeiten zu müssen. So lässt sich mit Information scheinbar wirklich besser umgehen. Und seit Tagen war ich nicht mehr irgendwie bei Google. Beruhigend. Ein Ausblick könnte tatsächlich sein, dass Feeds der Newsseite von Google fern von direktem Kommerzdenken Konkurrenz macht.

Meine Feeds sind derzeit:

Gulli News, de.sci.philosophie, Die Zeit, Caschys Blog, Fernsehlexikon, DWDL, Stefan Niggemeier, Sternstunde Philosophie

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mark ronson – version (album)

Mark RonsonNoch so ein Musiker, der in Deutschland viiiiiel zu wenig bekannt ist: Mark Ronson. Sein Album ‚Version‘ kommt dank permanentem Trompeteneinsatz etwas ‚brass’ig daher. Es besteht aus wenigen eigenen Songs, vielen Coverversionen und Teilnahmen von Robbie Williams, Lilly Allen und Amy Whinehouse, was dem Album so gar nicht geschadet hat. Sicherlich klingt ab und an ein Original besser als die Coverversion auf diesem Album. Es war aber nicht das Ziel, die Originale zu übertrumpfen. Hier haben ein paar junge Leute richtig Spaß am Musikmachen. Und diese Stimmung kommt auch über. So wenig reicht aus für ein gutes Album.

Valerie (mit Amy Winehouse)

Bei Amazon kann man in das Album reinhören.

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Wenn die ARD nicht schwimmen kann…

Wenn die göttlichen, deutschen Grundversorgungsfernsehsender eine Sendung, die vielumworben scheitern geht, dann hilft nur noch metaphern. Irgendjemand muss dann sagen, was der Fehler war. Was man nicht sagen darf ist, dass das Konzept der Sendung sich erst noch entwickeln musste oder dass die Sendung einfach nur richtig schlecht gemacht worden ist.
Das hat sich bei Bruce schon fast keiner mehr getraut, bei Ich weiss, wer richtig für dich ist schon. Die Producerin meinte doch glatt, für das Scheitern eine gute Erklärung zu haben. Der Zuschauer habe den Sendeplatz vergessen. Also, es gibt diesen Zuschauer, aber der hat ARD-Alzheimer. Da können wir nu auch nichts mehr für. Der Zuschauer wollte gucken, meinte dann aber, er hätte den Sendeplatz einfach vergessen. Pech. Die Idee wäre gut gewesen, meint die Producerin, und das habe das Testpublikum bei der Marktforschung auch gemeint. Aber die hatten dann auch wohl kein Alzheimer. Gut, man könnte auch anführen, dass es sich bei dieser Sendung um einen unromantisch und nervend-langweilig öffentlich-rechtlichen Abklatsch der einen oder anderen MTV-Sendung handelt, aber man entscheide selbst:

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alles von alles

1970 muss ein Jahr gewesen sein, in dem vieles in Ordnung gewesen ist. Das denkt man, nimmt man sich Dana und ihr Lied All kinds of everything zum Maßstab. Dieser Kreationismussong spielt mit den Fragen, was eigentlich das Gegenteil von All kinds of everything ist und was hier naiver dargestellt werden soll: Die Sängerin oder die Weltanschauung des Texters. Eine ewige Streitfrage.

Ich liebe es ja besonders, wenn sie bei All kinds die Hande zusammen nimmt und bei everything die Hände emphatisch ausbreitet.

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