misstrauisch bis skeptisch

Ich bin kein Sprachphilosoph. Unter einem Sprachphilosophen stelle ich mir jemanden vor, der von einer richtigen Verwendungsweise von Worten ausgeht, und eben auch von einer falschen und der denkt, sein Vorgehen wäre eine strenge Wissenschaft. Sprache ist aber eben keine strenge Wissenschaft und so gesehen stellt sich die Frage, ob sie überhaupt inhaltlich als Wissenschaft gefasst werden sollte.

Aber es gibt natürlich strategisch gut ausgerichte Sprachanwendung. Wenn man mit einem Kleinkind redet, ist es günstig, keine Fremdworte zu verwenden, wenn man sich direkt mit dem Kind verständigen möchte. Also solche Worte, die selten in der Alltagssprache vorkommen und die sich kaum dem Wortlaut nach erschliessen. Andererseits sind natürlich die meisten Worte Fremdworte für Kinder und sollten mal ausgesprochen werden.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich denke, es gibt immerhin in der Alltagssprache Worte die gewisse Dinge umfassen und andere, die ebenso verwendet werden, aber eigentlich nicht ganz dasselbe bedeuten.

Das ist der Fall bei den worten „skeptisch“ und „misstrauisch“. In der Alltagssprache werden beide synonym verwendet. Nach meinem Empfinden wird „skeptisch“ sogar öfter verwendet. Weil es sich so schön prägnant aussprechen lässt, so schön nach geistig erhabenem Denkprozess klingt. Dabei bedeuten beide Worte gar nicht dasselbe, selbst eine Schnittmenge beider Begriffe auszumachen ist nicht leicht.

Unter „misstrauisch“ versteht man die Grundhaltung, ein Verhalten, etwas gesagtes nicht nich als etwas Wahres, sondern zunächst nur als Behauptung anzunehmen, bei der es Ansätze gibt, dass sie falsch ist. „Misstrauisch“ klingt aber so nach einer negativen Grundeinstellung, so als ob man grundsätzlich anderen abspräche, sie könnten zu wahren Gedanken irgendetwas beitragen. Da klingt es gewitzter, sich selbst auszulegen, man sei „skeptisch“.

„Skeptisch“ widerum ist eigentlich schon eher dieses Negative, dass man dem „misstrauisch“ unterstellt. Es ist aber nicht so, dass Skeptiker anderen von vornherein misstrauen, sie stellen nur von vornherein in Abrede, dass so etwas wie einer überpersönliche Wahrheit, objektive Werte etc. gibt. Misstrauen muss dabei gar nicht vorhanden sein. Dem einzigen, dem ein Skeptiker traut ist der Ansicht, dass es eben keine gesicherten Erkenntnisse gibt.

Für mich, als jemandem, der das so nicht denkt, ist dies aber eben eine negative Grundeinstellung, die keineswegs sonderlich gewitzt ist. Mit „gewitzt“ meine ich den Spaßmoment, den ein geistreicher Gedanke einem Denkenden überkommt, und der oftmals bei eigener Herstellung den Denkenden dazu verleitet, davon aus zu gehen, hier auf eine Wahrheit gestoßen zu sein. Volker Pispers lebt von diesem Moment.

Es gibt noch so eine Verwendung wie „In diesem Punkt bin ich skeptisch“, aber das klingt so, als würde jemand auf eine bestimmte Stelle im See zeigen und sagen „An der Stelle da bin ich Nichtschwimmer.“ Ganz oder gar nicht.

Insofern ertappe ich mich dabei, immerhin so sehr noch sprachphilosophisch unterwegs zu sein, dass ich in der Alltagssprache eher „misstrauisch“ als „skeptisch“ verwende. Ich möchte meinen Äußerungen eigentlich nicht derart künstlich unterlegen, dass sie gewitzt sein sollten. Entweder erkennt ein Zuhörer das oder eben nicht. In der Alltagssprache ist es aber einverleibt, mit „skeptisch“ „misstrauisch“ zu meinen. Dagegen habe ich nichts, und ich weiss ja um die Umstände. Ein Problem stellt es für mich nicht da.

Und eben diese Flexibilität bedeutet es für den einzelnen, lebendiges Mitglied einer Sprachgemeinschaft zu sein, so hochgestochen das nun wieder klingen muss. Aber die Irritationen rund um Herta Müller scheinen mir doch genau diesen Punkt zu treffen: Da verwendet jemand Sprache als Mittel, aber nicht als die Alltagssprache, nicht als Mittel zur innersozialen Verständigung, sondern als Mittel den eigenen Geist überleben zu lassen, ihm seinen Spielraum einzuräumen trotz der Bedrängungen von außen.

Interessanterweise gibt es Gegenstimmen gegen Herta Müller. Das scheinen mir aber eben jene zu sein, denen Sprache möglichst massenkonform sein muss. Das muss sie eben nicht.

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acda en de munnik en guus meeuwis – het regent zonnestralen (mit übersetzung)

[Originaltext]

Auf ner Terasse, irgendwo in Frankreich in der Sonne
sitzt ein Mann, der bis gestern nicht gewonnen hatte
aber sein Auto fuhr hier nahbei aus der Kurve
ohne ihn, ohne Herman, denn der hatte es gerade verkauft

Herman in der Sonne auf der Terasse
Liest im AD (Algemeen Dagblad), dass er nicht mehr am Leben wär
sein Auto war vollkommen ausgebrannt
und der Mann, der es gekauft hat,
stand unter seinem Namen in der Zeitung

O, o, o
eben ruhig Atem holen
es scheint, es regnet wie immer
aber es regnet
und regnet Sonnenstrahlen

Eine Woche vorher in einem Park in Amsterdam
Hatte er sein Leben betrachtet und erschrak
Er war ein Mann, dessen Leben jetzt schon bestimmt war
und von all seinen Jugendträumen
war nur das Altwerden erreicht

O, o, o
eben ruhig Atem holen
es scheint, es regnet wie immer
aber es regnet
und regnet Sonnenstrahlen

Auf einer Bank in diesem Park kam der Beschluss
Nenn es kneifen, nenn es flüchten
aber ich drücks dazwischen aus
Jetzt eine Woche später und er sitzt hier dann mal wieder
mit mehr Freiheit als ihm lieb war
und jetzt schnallte er es nicht mehr

Herman liest wohl hundert Mal die Zeitung
Das steht da echt, Seite 18, schwarzumrandet
Hielt er früher all seine Meinungen
und all seine Träume geheim
Jetzt ist er nichts nicht niemand nirgends mehr
kann also hingehen, wohin er will

Herman rechnet ab und steht dann auf
er hat endlich den Wind wieder in seinem Kopf
Ich hab ne zweite Chance bekommen
und das ist mehr als ich verdiene
Aber wenn diese es ist, ist diese es
und dann wollen wir mal sehn

O, o, o
eben ruhig Atem holen
es scheint, es regnet wie immer
aber es regnet
und regnet Sonnenstrahlen

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thalia am pranger

Also ich bin schon beeindruckt, was die Süddeutsche Zeitung in letzter Zeitung für Eisen anpackt, wie sie das tut und dass sie dabei Ross und Reiter nennt. Genauso wie heute mit diesem Artikel über die Krise von Buchhändlern:

Welche Literatur in den Ladenregalen steht und beworben wird, das liegt immer seltener in der Hand der Verlage. Die Buchwelt klagt zwar stets über das Internet. Doch inzwischen ist klar, dass es zur Zerstörung einer ganzen Branche keiner neuen Medien bedarf: Ein Konzern wie Thalia besorgt das auf seine Weise.

Es ist noch nicht so weit gekommen, dass Verlage bei der Unterhaltung von Buchläden Unterstützung leisten, aber was sie finanziell reinbuttern, ist schon erschreckend:

15 000 Euro kostet ein Titel im Weihnachtsprospekt 2009. Der Preis für ein „Thalia-Buch des Monats“ liegt bei 50 000 Euro. Dafür haben die Verlage die Gewähr, dass diese Titel erstklassig sichtbar präsentiert werden. Alle anderen, ausgenommen solche, die schon Bestseller sind, verschwinden dagegen im Regal, wo sie kaum wahrgenommen werden. Und daher bezeichnet Herr Frisch (Thalia, Anmerk.) jene Summen, die offiziell Werbekostenzuschüsse heißen, schlicht als Eintrittsgelder. Man muss sie zahlen, wenn man da, wo rasant verkauft wird, vertreten sein will.

Verlage müssen für ihre Schriftsteller also Eintrittsgelder berappen, damit diese bei Thalia angepriesen werden. Das hat man auch schon anders ausgedrückt. Der wirtschaftliche Druck zeigt erste Ergebnisse:

800 der einst fast 5000 Buchhandlungen im Lande haben in den letzten zehn Jahren zusperren müssen; die Ketten steigerten im selben Zeitraum ihren Marktanteil ums Doppelte auf fast 30 Prozent.

Der Qualität der Literatur nützt das nichts:

Die Bestseller nämlich werden durch das Vorgehen der Ketten immer bestselleriger, der große Rest fällt immer schneller aus den Regalen in die Vergessenheit. Heute verkauft die Frau Jelinek, und sie und ihr Haus bürgen für Qualität, von jeder fünften ihrer Roman-Novitäten weniger als 1000 Exemplare. Vor zehn Jahren waren solche Flops noch zu vernachlässigen. Was das alles fürs Leben & Sterben der eigentlichen Produzenten, der Schriftsteller, bedeutet, liegt auf der Hand.

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gelotophobie oder vom mit- und über-einen-lachen

In einer Untersuchung sind aus 73 Ländern 22610 Personen befragt worden, um herauszufinden, ob sie unter Gelotophobie leiden, von griechisch gelos, „lachen,“ und phobos „Angst,“ das ist die Angst, dass über einen gelacht wird. Die Untersuchung, die von einem schweizer Team aus Zürich geführt wurde, wurde nun im Journal of Humor Research publiziert.

Science Daily berichtet über die Untersuchung, dass die Unterschiede schon spürbar seien: Während in Finnland nur 5% unter dieser Angst leiden, sind es in Thailand bis zu 80%.

Gemäß der Experten könne man Menschen in zwei gegensätzliche Gruppen einordnen:

a) Die „unsicher Reagierenden“, das sind diejenigen, die vor anderen ihren Mangel an Selbstvertrauen verbergen wollen oder glauben, man selbst sei halt unfreiwillig komisch) und die „verhindernd Reagierenden“, das sind diejenigen, die Situationen verhindern wollen, worun man ausgelacht werden kann.

b) Die Gruppe derjenigen, bei denen die Einzelpersonen denken, wenn in eine Gruppe über etwas gelacht wird, dann sei man selbst der Auslöser, es wird über einen selbst gelacht.

Auch wenn dieses Phänomen in allen Kulturen auftaucht, zeigt die Untersichung, dass es bestimmte Unterschiede gibt. Länder wir Turkmenistan und Kambodia sind in der ersten Gruppe klar zu verorten, während Personen im Irak, in Ägypten und im Jordan wesentlich intensiver damit beschäftigt sind, Situationen zu vermeiden, in denen über einen selbst gelacht werden kann. In Spanien neigt man dazu, verunsichert zu reagieren.

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stieg larssons verblendung

Stieg Larssons Verblendung hab ich inzwischen durch, fand den Schmöker aber spannungsarm und 300 Seiten zu lang. Das Hörbuch von Dietmar Bär ist ganz lustig. Die Verfilmung halt ein etwas besserer ZDF-Sonntagabend-Krimi, wobei die Figuren eigentlich eine andere Psychologie aufweisen, die etwas verstörend ist, wie ich finde:

Der Hauptdarsteller ist Ende, nicht Anfang 40 und ich finde, das sieht man ihm auch an. Insofern passt er meiner Meinung nach nicht zu Lisbeth. Und dass die später auftretende Harriet Vanger 15 Jahre älter sein soll, neee, das passt nicht. Lisbeth bringt Martin Vanger auch eher halbwegs um, auch komisch.

Also eigentlich muss man die Story anders denken als die des Buches, das finde ich etwas seltsam, zumal es wenig bringt. Lisbeth ist gut  getroffen und hervorragend gespielt, der Rest alles nur unspannend durchschnittlich, aber für einige Gemüter scheint das doch ganz toll zu sein.

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de kast – in nije dei (inkl. übersetzung)

Keine Sorge, folgendes Liedchen aus dem Jahre 1996 versteht kaum einer, denn es ist auf friesisch. Aber es ist das, was die Niederländer einen Blusenöffner nennen.

Die Nacht ist vorbei, die Sonne ist frei, um auf zu gehen
Bald wird es Tag, der Morgen (ist) zu neu, um still zu stehen
Das Leben war hart, das Warten zu lang, aber das gibt sich irgendwann
Hab keine Angst, nie mehr Angst, das braucht nicht mehr

Kein Tag soll mehr beginnen, an dem ich nicht bei dir bin
Die Zeit nicht so verinnen ohne Ziel

Gib mir die Hand, gib mir dein Herz
wenn dir danach ist mit mir
Hier (ist) meine Hand, hier ist mein Herz
Ich übergeb (dir) mein Sein
Lange war’s kalt und düster, bald kommt der Tag
da findet’s Licht sein‘ Weg
– in einen neuen Tag

Ich kam da nicht raus, der Pfad, den ich ging, hatte kein End‘
Die Zeit, die da war, das Herz, das ich hatte, verweigerten sich
Ich hab mich dir gegeben, mich in dir gefunden, ich beginne erneut
Die Liebe hat gewonnen, zwei Menschen verbunden, aber vogelfrei

Kein Tag soll mehr beginnen, an dem ich nicht bei dir bin
Die Zeit nicht so verinnen ohne Ziel

Gib mir die Hand, gib mir dein Herz
wenn dir danach ist mit mir
Hier (ist) meine Hand, hier ist mein Herz
Ich übergeb (dir) mein Sein
Lange war’s kalt und düster, bald kommt der Tag
da findet’s Licht sein‘ Weg
– in einen neuen Tag

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