die instrumentalisierung von moral: die cdu zwischen religion und politik

Jeder, der öffentlich Stellung bezieht, und einigermaßen etwas in der Birne hat, möchte nicht unbedingt einer einzelnen Partei zugerechnet werden. Seine Diskussionsgegner würden seine Zuneigung zu einem bestimmten politischen Lager gleich zur Abwertung seiner Position verwenden. Ich für meinen Teil gebe keine Wahlempfehlungen aus, weil ich einerseits jedem empfehlen möchte, selbst kritisch die einzelnen politischen Positionen zu durchdenken, und andererseits, weil keine Partei mir je nahe gestanden hat.

Das heisst aber nicht, dass ich mich unpolitisch verhalte. Ich gebe meine Stimme durchaus bei Wahlen einzelnen Parteien. Bislang konsequenterweise den jeweiligen Wahlverlierern, aber das ist ja mein Pech. Ich habe durchaus bestimmte Vorstellungen von guter Politik und würde diese auch immer verteidigen. Es gibt auch viele, sehr fähige Politiker. Nur geben diese nicht immer den Ton an.

Weil die CDU derzeit auch bundesregierungsintern gerne den Ton angeben möchte, habe ich mich in letzter Zeit des öfteren mit ihr beschäftigt. Und man darf sie wegen mir wählen, ich möchte meinen Blog nicht dazu verwenden, vom Wählen einer Partei abzuraten.

Ich gebe zu: Die konservativen Politiker der CDU eignen sich in ihren Äußerungen ziemlich gut, um analysiert zu werden. Wenn jemand aber so eine Analyse der Art deutet, dass sie darlegen soll: Nun ist gezeigt, dass die CDU politisch schwach auf der Brust ist, also wählet die anderen, bin ich falsch verstanden worden. Ich kann nur wiederholend behaupten, dass das hier nicht angestrebt wird.

Wozu diese Einleitung? Ich möchte gerne die Gelegenheit bieten, mit etwas Distanz vom direkten politischen Geschehen die CDU zu betrachten. Denn es ist in der ganzen Zensur-Debatte ja einerseits die wohl auf die vorgetragene Art undurchsetzbare Haltung der CDU deutlich geworden, andererseits die Art des öffenltichen Umgangs seitens der CDU: Da wird seitens der CDU-Mitglieder treudoof geglaubt, was ihre Oberen an Zahlen in die Diskussion werfen, da wird CDU-Kritikern vorgehalten, die Kinderpornografie zu befördern, da wird Internetnutzern, die aufzeigen, wie leicht die angedachten Sperrungen auszuschalten sind, vorgeworfen unmoralisch zu sein. Und nur eines ist all diesem Verhalten gleich: Es kommt alles ohne ernstnehmbare Sachargumentation aus.

So eine Politik des Vorhaltens der eigenen Meinung anderen gegenüber kennt man aus der Kirche. Man schaue sich nur folgenden Vortrag von der Leyens an und stelle sich die Frage: An welchen Stellen hätte ein Pfarrer an ihrer Position seine Predigt anders gehalten:

Ich glaube wirklich nicht, dass es Aufgabe von Politik ist, so anmaßend anderen Menschen moralische Standpunkte zu predigen. Und es sei betont: Eine staatlich geförderte Auseinandersetzung mit Moral – auch eine gewisse Lehre in moralischem Verhalten – , die in Schulen stattfindet, ist etwas anderes.

Was von der Leyen hier betreibt, und man sollte nicht annehmen, dies geschehe böswillig, ist die Instrumentalisierung von Moral. Weil sie selbst über den Missstand, wie leicht kinderpornografisches Material im Internet verbreitet werden kann, so verstört und ergriffen ist, will sie die Internet-Sperre unbedingt. Ihre persönliche Haltung ist Motivation für ihre Politik, was nicht weiter schlecht ist, aber diese, wie wir gesehen haben, konkurriert mit Sachargumentationen normaler Bürger. Und wenn man sich diese Sachargumentationen näher anschaut, wird man feststellen: Diese sind weit weniger moralinsauer. Das Thema bedarf dieser Moralinsäure nicht, um besprochen zu werden.

Aber das Christliche in der CDU wird wohl nicht nur durch die Ausrichtung an einem christlichen Menschenbild repräsentiert, sondern auch an der Haltung: Predigen statt Argumentieren. Was du darstellst ist wichtiger als das, was du zu sagen hast. Dabei ist es auf politischem Terrain viel wichtiger, sich hauptsächlich auf die Diskussion über Sachargumente zu stützen. Dadurch lernt man und bringt Verständigung zustande.

Wie wollen sie dagegen lernen, wie wollen sie sich verständigen, wie gemeinsame Lösungen finden, wenn ihnen jemand gegenüber steht, der in einer Diskussion nicht zögert, ihnen frei aus der Luft geholt zu unterstellen, sie wären kein ernstzunehmender Diskussionsteilnehmer, denn sie sind moralisch unqualifiziert. Sowas geht in dieser innerparteilichen Akzeptanz in Deutschland nur in der CDU.

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