jens timmermann – kant’s groundwork of the metaphysics of morals

Timmermann Timmermann bemüht sich als Kant-Forscher einen Namen zu machen. Das ist nicht weiter verdächtig und solange der Versuch erfolgreich wird, nicht zu beanstanden. Man kann ja nur davon profitieren. Mit diesem Buch zu Kants Grundlegung zur Metaphysik der Sitten hat Timmermann das vielleicht beste Sekundärliteraturbuch hierzu vorgelegt. Das heisst noch nicht sonderlich viel, da es bislang zur Grundlegung herzlich wenig und oftmals schlechtes an Sekundärliteratur gibt. Insofern kann man sagen, dass Timmerman die Latte für die Befassung mit der Grundlegung gut auflegt. Sein Verdienst ist es, das gesamte Buch in den Griff zu bekommen. Er bietet allerdings keine Lösungsansätze für die Grundlegung dieses Buches, sprich für das, was für Dieter Henrich die Dunkelheit im dritten Abschnitt steht. Dazu vermisst man als Leser eine genaue Textstellenanalyse bestimmter, wegweisender Stellen. Das mindert die Freude darüber, dass man Sinnvolles über die Grundlegung schreiben kann, aber nicht. Und wenn es nach Timmmerman nichts mehr zu forschen gäbe in der Grundlegung, man wäre ja auch etwas verschnupft.

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die sex & the city – depression

Meine Lieblingsjournalistin der Johanna AdorjánFrankfurter Allgemeinen Zeitung hat heute wieder in der Sonntagsausgabe einen Text veröffentlicht. Das Wort Lieblingsjournalistin klingt etwas komisch, mir fällt neben Stefan Niggemeier spontan aber auch niemand ein, der mir als FAZ-Journalist im Hinterkopf geblieben wäre.
Jedenfalls hat Johanna Adorján einen kritischen Text zum neu aufflammenden Hype um Sex and the City geschrieben. Ich glaube zwar, dass der Film nicht die Repräsentation der Idee, wie sich homosexuelle Drehbuchautoren die Enddreißigerinnen der 90er vorstellen, ist, sondern der Idee, welche Banalitäten weibliche Couchpotatoes an der Flimmerkiste hält, aber das schmälert die Qualität der Kritik nicht.
Interessant an den Machern der FAZ am Sonntag finde ich ja, dass schon der Titel des Textes, Depression heute, Sex in the Cityfür sie so verkaufsstörend zu wirken scheint, dass sie den Text zwar auf der Frontseite der Ausgabe ankündigen, aber nicht den Titel nennen sondern Jetzt im Kino schreiben. Feiglinge! Das ist fast so seltsam, wie der Sprachgebrauch der amerikanischen Vermarkter, die bezogen auf den Umstand, dass der Film in Europa eher anläuft als in New York, meinten, es handle sich in Europa zwar um First Premieres, aber die World Premiere sei in New York. Vielleicht kann man eingefleischte New Yorkerinnen, die empfindlich darauf reagieren, dass Andere ihren Film eher sehen dürfen, so besänftigen. So sind sie wohl, die taffen Frauen von heute.

Noch bescheuerter als die eigentliche Serie war die davor laufende deutsche Kurzversion der Serie. Darin rannte Barbara Schöneberger in Slowmotion tittenhüpfenlassend permanent alleine durch irgendwelche Straßen ohne irgendwo anzukommen, grinste unmotiviert und sinnierte über ihre Taffheit gegenüber technisch versierten Männern:

Johanna Ardorján – Depression heute.

Weiterer Lesetipp: Johanna Ardorján Das Leben der anderen.

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schon kult: olbermanns busch-kritik

Keith Olbermann hat vorgestern in der Sendung Countdown eine längst fällige amerikanische Abrechnung an die Adresse von George Bush gegeben, die längst Kult geworden ist und ein Must-see, wie die Amerikaner es einschätzen.

Alternative: YouTube.

Das Video schlägt in Amerika gerade wesentlich stärker ein als damals in Deutschland Volker Pispers:

Auch spannend bzgl. Olbermann ist dessen Beitrag zur Geschichte Hillary Clintons, sie sei 1997 unter Heckenschützenfeuer in Bosnien gelandet.

Und bzgl. John McCains Aussage über den Grund des Irak-Krieges.

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killerprovinzposse

Mein Heimatort ist nur wenige Kilometer von Emsdetten entfernt. Emsdetten erlangte bundesweite Berühmtheit durch den versuchten Anschlag eines jungen Mannes an seiner früheren Schule. Dieser Amoklauf brach in unsere kleinwestfälisch heile Welt ein wie ein unerwartetes Gewitter. Es war nicht zu erwarten, dass routiniert mit diesem Vorfall umgegangen wird. Auch gestandene Wissenschaftler wie der Gewaltforscher Heitmeyer oder der Kinderexperte Hurrelmann aus Bielefeld schoben im ersten Gewirr eine Schuld den Ego-Shootern zu, beide revidierten ihre Haltung aber schnell.

In Ibbenbüren hat nun, anderthalb Jahre später, die Caritas einen Jahresbericht herausgegeben, in dem sich auch auf diesen Amoklauf bezogen wird. Man habe einen Experten gefunden, der endlich das ausdrücke, was sie auch meinten. Dieser mache verändertes Verhalten durch falschen Computerspielgebrauch erklärbar.

Naja, was will man schon von einer kleinen Caritasgruppierung in der Provinz erwarten. Der Experte zumindest, den man ausgegraben hat, ist Gerald Hüther. Von diesem wird bei Wikipedia erwähnt, dass er im Oktober letzten Jahres wegen einer Publikation in einer rechten Zeitschrift Kritik auf sich gezogen hat. In seinem Text klingt das dann so: „Nur die Institutionalisierung des Verhaltens, nur durch die Entlastung des einzelnen durch gemeinschaftlich anerkannte Maßstäbe im Sprechen, Tun, Reagieren kann eine Gemeinschaft als Gemeinschaft leben und ihre einzelnen Mitglieder „stabilisieren“, ihrem Leben einen „Sinn“ geben.“ Woher weiß ein Hirnforscher, der nicht mit Jugendlichen arbeitet, so etwas? Und wieso posaunt er es ohne Rücksicht auf soziale Forschungen, ethische Vorstellungen und psychologische Analyen in die Welt hinaus?

Hier äußert sich meines Erachtens ein Biologe über Gebiete, für die er einfach kein Fachmann mehr ist. Und für die Angehörigen der Caritas schein sein Professorentitel Legitimation genug zu sein für eine willkürlich herbeiargumentierte, tendentiöse Meinung. Das Biologisieren von Sozialräumen ist Unfug. Ob bei Hüther eine private, politische Haltung durchscheint, mag ich nicht beurteilen, interessiert mich auch nicht weiter. Man hüte sich nur im Umgang mit Jugendlichen derartigen Scharlatanen auf den Leim zu gehen. Oder glauben Sie wirklich hinter derartigen Sätzen stünde ein fasslicher, guter Gedanke: „Wie lange eine Gesellschaft Bestand haben kann, die gegen das eine oder das andere Prinzip der inneren Strukturierung des menschlichen Gehirns verstößt, bleibt abzuwarten.“ Von Hüther und Provinz-Caritas-Verbänden erhoffe ich mir ein schweigendes Abwarten.

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bist du porno oder drogi?

Kaum beneide ich die Großbritten um die BBC, für die ein nicht geringerer als Steven Fry eine Huldigung anstimmt, da sehe ich, was den Deutschen Sonntag morgens um 11 vom ZDF angeboten wird:

Vielleicht ist das Ganze auch nur ein linguistischer Kampf ums junge Publikum. Nachdem bei GZSZ immer in Jugendanbiederei von Drogies die Rede ist und Sprüche fallen wie Ich bin doch kein Drogi, will man beim ZDF auch mal hip sein, von der ARD ganz zu schweigen.
Kleines Update für Jugendanbieder vom Fernsehen. Die gängisten Neuschöpfungen sind derzeit:

Honks, Ronks und Gonks. Das sind Hauptschüler, Realschüler und Gymnasiasten ohne nennenswerte Kenntnisse. Für nen Job beim Fernsehen reicht das.

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wo kauft verona marmelade?

Gerade schaue ich ein wenig in die hochgelobt und in Deutschland von Zuschauern viel gemiedene Serie Damages rein. Dabei bemerke ich, wie fremdköperartig mir die laut schallende Werbung doch vorkommt, die dauernd die stringente Handlung durchbricht. Nachdem mir also so auffällt, wie mich das eher stört, breitet sich das Gesicht von Verona Ex-Feldbusch auf dem Bildschirm aus, die sich erkennbar gerade in einem Supermarkt befindet, und quietscht in die Kamera:

Wissen Sie eigentlich, wo ich meine Marmelade kaufe?

Ja, puh, äääh, bei Aldi???

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mediatheken von ard und zdf

Das Hauen und Stechen ist eröffnet. ARD zieht mit dem ZDF gleich und gibt die Testversion seiner Mediathek frei. In den Mediatheken beider Sender sollen diverse Berichte und Sendungen zu finden sein. Und obwohl einige die Praktikabilität der beiden Theken bemängeln, es ist nicht so, dass man nichts interessantes dort finden könnte. Wenn man nach Druckfrisch sucht, gelangt man zur letzten Sendung mit Denis Schenk, sowie einigen noch früheren. Die Tagesschau ist auch augenscheinlich mit dabei, und sogar aktuelle Hörfunkbeiträge zu Kants Idee der Menschenwürde oder Wittgensteins Gedanken zur Aufgabe der Philosophie lassen sich finden.

Schauen Sie selbst: ARD MediathekZDF Mediathek

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westfälische schreikinder

SchreikindEs scheint das Phänomen der Schreikinder ja tatsächlich zu geben. Diese Kinder sind nicht zu verwechseln mit den „Fütter-mich“-Kindern, den „Scheisse drauf“-Kindern oder den „Wenn ich dich sehe, möchte ich am liebsten weglaufen, aber das lerne ich erst in ein paar Monaten, so’n Scheiss, ich werd Scheisse-drauf-Kind“-Kindern. Mich würde ja interessieren, ob es inzwischen auch schon die „Meine Nerven halten kein Kindergeschrei aus“-Eltern gibt.
Die Schreikinder sind in dieser Woche Thema unserer Lokalzeitung gewesen. Laut Zeitung ist ein Baby dann ein Schreikind, wenn es innerhalb von 3 Wochen 3 Mal in der Woche mehr als 3 Stunden ohne guten Grund schreit. Was ist jetzt ein guter Grund für ein Baby? Midlife-Crisis? Finanzielle Unsicherheiten? Enttäuschung über die erhaltenen Eltern? Und muss alles unbedingt mit einer 3 zu tun haben?
Wie auch immer. Der kleine Fratz da auf dem Bild ist mein Großcousin Damian, der durch seinen ersten medialen Auftritt den Artikel über Schreikinder illustrieren soll. Dumm nur, dass Damian auf dem Bild ganze vier Tage alt war. Er kann also noch gar kein Schreikind sein. Er regt sich wohl nur über die miese Presse auf.

P.S. Ab und an gibt’s auch simple Lösungen für Schreikinder:

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